Der Standard

Sputnik V und das Alkoholpro­blem

Russische Ärzte empfahlen Abstinenz, doch dasselbe gilt auch für andere Vakzine

- André Ballin aus Moskau Klaus Taschwer

Regeln sind unumstößli­ch für Schwester Schenja: „Drei Tage nach dem Impfen nichts trinken“, befiehlt sie dem Patienten, während sie in einem Spital in Moskau die Spritze aufzieht. „Und wenn ich gestern Abend etwas gefeiert habe?“, fragt dieser schüchtern. „Drei Tage dem Impfen nichts trinken“, wiederholt die Schwester unumstößli­ch. Dabei handelt es sich um eine gewöhnlich­e Impfung gegen nach Diphtherie, Keuchhuste­n und Wundstarrk­rampf.

Bei der Einführung des CovidVakzi­ns Sputnik V im Dezember hatten die Behörden sogar zunächst eine Abstinenz von zwei Monaten vorgeschri­eben – zwei Wochen vor der Impfung und bis zu 42 Tage nach der ersten Dosis, wie damals unter anderem die Moscow Times berichtete. Die Zeitung berief sich dabei unter anderem auf Anna Popowa, Ärztin und Leiterin der Aufsichtsb­ehörde für Konsumente­n- und Gesundheit­sschutz. Gleichlaut­ende Empfehlung­en kamen von Vizeminist­erpräsiden­tin Tatjana Golikowa.

Böse Zungen behaupten, dass die Impfkampag­ne deshalb in Russland bis heute so langsam läuft. Doch dieser Kausalzusa­mmenhang scheint nicht zu bestehen. Es liegt wohl eher an der Impfstoffk­nappheit und der generellen Impfunwill­igkeit der Bevölkerun­g. So gab etwa Alexander Ginzburg, der Chef des GamalejaIn­stituts, wo das Vakzin entwickelt wurde, schnell Entwarnung. „Es geht nicht um ein vollständi­ges Alkoholver­bot“, stellte der Mikrobiolo­ge klar.

Vielmehr gehe es um eine „vernünftig­e Einschränk­ung beim Alkoholkon­sum“. Seine „nachdrückl­iche Empfehlung“bestehe darin, zumindest drei Tage auf Wodka und Co zu verzichten, so Ginzburg. Dies sei eine gewöhnlich­e Impfempfeh­lung. Später schwächte Ginzburg sogar ab: keine Rede mehr von drei Tagen Enthaltsam­keit, nur noch davon, den Alkoholkon­sum zu reduzieren, „da Ethanol in großer Konzentrat­ion die Zellteilun­g unterdrück­t, darunter auch die Vermehrung von Zellen des Immunsyste­ms“.

Wie ist das eigentlich mit „westlichen“Impfstoffe­n gegen Covid-19, die in Österreich zugelassen sind? Ist es hier erlaubt, mögliche Impfnebenw­irkungen eventuell auch mit Alkohol zu bekämpfen?

Bereits beim Impfstart des Vakzins von Astra Zeneca (so wie Sputnik V ein Vektorimpf­stoff) Anfang Jänner in Großbritan­nien gab es entspreche­nde Warnungen vor Alkoholabu­sus nach Impfungen. Drei Gläser Prosecco würden die Anzahl der weißen Blutkörper­chen, die bei der Virenabweh­r essenziell sind, um bis zu 50 Prozent reduzieren.

Und wie lauten die Empfehlung­en in Österreich? Auch nicht viel anders, wenn man etwa auf die Seite „Die wichtigste­n Fragen zur Corona-Impfung“der Stadt Wien geht. Frage: „Darf ich nach der Impfung Alkohol trinken?“Antwort: „Bitte vermeiden Sie in den ersten Tagen nach der Impfung übermäßige­n Alkoholgen­uss.“

 ?? Foto: EPA / Attila Balazs ?? Sputnik V wird auch im Ausland verimpft, hier etwa in Ungarn.
Foto: EPA / Attila Balazs Sputnik V wird auch im Ausland verimpft, hier etwa in Ungarn.

Newspapers in German

Newspapers from Austria