Sputnik V und das Alkoholproblem
Russische Ärzte empfahlen Abstinenz, doch dasselbe gilt auch für andere Vakzine
Regeln sind unumstößlich für Schwester Schenja: „Drei Tage nach dem Impfen nichts trinken“, befiehlt sie dem Patienten, während sie in einem Spital in Moskau die Spritze aufzieht. „Und wenn ich gestern Abend etwas gefeiert habe?“, fragt dieser schüchtern. „Drei Tage dem Impfen nichts trinken“, wiederholt die Schwester unumstößlich. Dabei handelt es sich um eine gewöhnliche Impfung gegen nach Diphtherie, Keuchhusten und Wundstarrkrampf.
Bei der Einführung des CovidVakzins Sputnik V im Dezember hatten die Behörden sogar zunächst eine Abstinenz von zwei Monaten vorgeschrieben – zwei Wochen vor der Impfung und bis zu 42 Tage nach der ersten Dosis, wie damals unter anderem die Moscow Times berichtete. Die Zeitung berief sich dabei unter anderem auf Anna Popowa, Ärztin und Leiterin der Aufsichtsbehörde für Konsumenten- und Gesundheitsschutz. Gleichlautende Empfehlungen kamen von Vizeministerpräsidentin Tatjana Golikowa.
Böse Zungen behaupten, dass die Impfkampagne deshalb in Russland bis heute so langsam läuft. Doch dieser Kausalzusammenhang scheint nicht zu bestehen. Es liegt wohl eher an der Impfstoffknappheit und der generellen Impfunwilligkeit der Bevölkerung. So gab etwa Alexander Ginzburg, der Chef des GamalejaInstituts, wo das Vakzin entwickelt wurde, schnell Entwarnung. „Es geht nicht um ein vollständiges Alkoholverbot“, stellte der Mikrobiologe klar.
Vielmehr gehe es um eine „vernünftige Einschränkung beim Alkoholkonsum“. Seine „nachdrückliche Empfehlung“bestehe darin, zumindest drei Tage auf Wodka und Co zu verzichten, so Ginzburg. Dies sei eine gewöhnliche Impfempfehlung. Später schwächte Ginzburg sogar ab: keine Rede mehr von drei Tagen Enthaltsamkeit, nur noch davon, den Alkoholkonsum zu reduzieren, „da Ethanol in großer Konzentration die Zellteilung unterdrückt, darunter auch die Vermehrung von Zellen des Immunsystems“.
Wie ist das eigentlich mit „westlichen“Impfstoffen gegen Covid-19, die in Österreich zugelassen sind? Ist es hier erlaubt, mögliche Impfnebenwirkungen eventuell auch mit Alkohol zu bekämpfen?
Bereits beim Impfstart des Vakzins von Astra Zeneca (so wie Sputnik V ein Vektorimpfstoff) Anfang Jänner in Großbritannien gab es entsprechende Warnungen vor Alkoholabusus nach Impfungen. Drei Gläser Prosecco würden die Anzahl der weißen Blutkörperchen, die bei der Virenabwehr essenziell sind, um bis zu 50 Prozent reduzieren.
Und wie lauten die Empfehlungen in Österreich? Auch nicht viel anders, wenn man etwa auf die Seite „Die wichtigsten Fragen zur Corona-Impfung“der Stadt Wien geht. Frage: „Darf ich nach der Impfung Alkohol trinken?“Antwort: „Bitte vermeiden Sie in den ersten Tagen nach der Impfung übermäßigen Alkoholgenuss.“