Der Standard

Bayerndämm­erung

Nach dem Aus in der Champions League bleibt den Bayern nur noch die Saisonrett­ung in der Meistersch­aft. Selbst der neunte Titel en suite wäre vielleicht nicht genug, um Coach Hansi Flick zu halten. Bundestrai­ner ist auch eine schöne Aufgabe.

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Immerhin, es hätte schlimmer kommen können für den stolzen FC Bayern München. Das 1:0 im Rückspiel des Viertelfin­ales zur Champions League bei Paris SaintGerma­in war nach dem Heim-2:3 nicht nur zu wenig, es war ja äußerst schmeichel­haft. Zum Beispiel von Neymar verschont, der allein dreimal Aluminium traf, steht der deutsche Rekordmeis­ter nach dem Aus als Titelverte­idiger in der Königsklas­se dennoch ziemlich betropetzt da. Und das nur rund zwei Monate nachdem das Sextuple, der Gewinn von sechs Titeln in der pandemiebe­dingt überlangen Saison 2019/20 mit dem Triumph bei der Klub-WM komplettie­rt worden war.

Es war schon ein ordentlich­er Schuss ins Bayern-Knie nötig, um den als Idealbeset­zung gepriesene­n Coach Hansi Flick so weit zu bringen, dass er im Sommer das Weite suchen und seinen neuen Platz in der Nähe, in der Frankfurte­r Zentrale des deutschen Fußballbun­des

DFB finden wird. Mit kryptische­n Aussagen befeuerte der 56-Jährige in Paris die Spekulatio­nen. „Dass ich mir Gedanken um meine Zukunft mache, dafür hat jeder Verständni­s“, sagte Flick, er müsse „aber erst einmal das Ausscheide­n verdauen“. Soweit wie Anschober – das Nichtgesag­te war fast wichtiger.

Flick bewertet

Flick, dessen Vertrag bei den Bayern noch bis Sommer 2023 läuft, könnte sofort nach der EM statt Joachim Löw Bundestrai­ner werden. Er müsse „die Situation immer wieder neu bewerten“und sich „neuen Herausford­erungen stellen“, sagte der ehemalige Assistent von Löw im leeren Pariser Prinzenpar­k zu Sky. „Ich habe auch meine Vorstellun­gen.“Ein anderer Arbeitsrhy­thmus spiele auch familiär keine Rolle. Entscheide­nd sei, „dass mir der Job Spaß macht“.

Der Spaß ging ihm zuletzt beim FC Bayern wegen des Dauerstrei­ts mit Sportvorst­and Hasan Salihamidz­ic verloren. Deshalb soll es zeitnah zu einem Gipfeltref­fen mit Vorstand Oliver Kahn kommen. Bis jetzt gebe es dafür noch keinen Termin, sagte Flick, „aber ich habe Zeit. Wenn er Lust hat, mit mir zu quatschen, kann er das gerne tun.“

Es gibt viel zu besprechen, auch wenn Flick schon vor dem Spiel in Paris die angespannt­e Lage beim

Hansi Flick schaut manchmal auch nur so auf die Uhr.

FC Bayern nicht dramatisie­ren wollte. Erste Priorität hat ab sofort die neunte Meistersch­aft in Serie. Nach dem blamablen Aus im DFB-Pokal gegen Zweitligis­t Kiel und dem jähen Ende in der Königsklas­se 233 Tage nach dem Triumph von Lissabon schwört Flick seine Stars darauf ein. „Minimalzie­l“nennt er den Titel, der sei „kein Trostpreis, das ist die Basis“. Deshalb müsse die Mannschaft den Frust von Paris bis zum Spiel am Samstag beim drittplatz­ierten VfL Wolfsburg von Coach Oliver Glasner schnell wegstecken. „Da müssen wir wieder funktionie­ren.“Verfolger RB Leipzig hat sechs Runden vor Schluss noch fünf Punkte Rückstand.

Neuer glaubt

Der in Paris überragend­e Manuel Neuer ist überzeugt, dass Leipzig trotz aller Querelen in Schach gehalten werden kann. Man sei im Februar „zusammen Klubweltme­ister geworden, und die Chancen stehen gut, dass wir Meister werden. Deshalb gehe ich davon aus, dass alles positiv aussieht.“

Es werden auf jeden Fall unruhige Wochen für den Rekordmeis­ter, solange die Trainerfra­ge nicht geklärt ist. Schon jetzt reißen die Spekulatio­nen nicht ab. Der FC Bayern habe sich mit Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann, der bei Flicks Abgang als Wunschkand­idat gilt, „schon ein bisschen unterhalte­n, auch über wirtschaft­liche Dinge, so viel man weiß“, glaubt Lothar Matthäus zu wissen. Und natürlich stehe auch Liverpools Coach Jürgen Klopp auf der Münchner Liste, heißt es.

An David Alaba geht das Thema ziemlich vorbei. Der 28-jährige Wiener spielte in Paris seine 91. und letzte Champions-League-Partie für die Bayern. Danach wurde er von Neymar, den er selbst nach dem Lissabonne­r Endspiel, dem 0:1 von Paris Saint-Germain vor acht Monaten getröstet hatte, in die Arme genommen. (sid, lü)

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