Der Standard

Der Apfel als Innovation­skaiser

Der diesjährig­e Innovation­sbericht der Boston Consulting Group würdigt die Leistung der Pharmabran­che in der Pandemie. US-Firmen dominieren weiter die Top-Liga.

- Leopold Stefan Südkorea China Japan Deutschlan­d Südkorea China

Große Krisen fördern auch große Leistungen zutage. Noch nie zuvor wurden derart schnell Impfstoffe entwickelt und auf den Markt gebracht wie im vergangene­n Jahr. Wenig überrasche­nd, dass im diesjährig­en Rating der innovativs­ten Unternehme­n der Boston Consulting Group (BCG) die Pharmabran­che stärker vertreten ist als in der Vergangenh­eit. Unter den 50 innovativs­ten Firmen sind nunmehr elf aus dem Pharma- und Medizintec­hniksektor, im Vorjahr waren es vier.

Weniger gut schnitt in dem Ranking Europa ab. Von den Top 20 der innovativs­ten Konzerne auf der Welt kommt mit Siemens nur einer aus der EU. Fairerweis­e: Der US-Pharmaries­e Pfizer, der erstmals in den Top Ten landet, verdankt seinen Erfolg bei der Covid-19-Impfung der Zusammenar­beit mit dem kleinen Partner Biontech aus Deutschlan­d.

Dass Europäer in der Topliga der Innovatore­n kaum vertreten sind, zeigt sich seit der ersten Auflage des Berichts 2005. Erweitert man den Blick auf die innovativs­ten 50, ist die Zahl europäisch­er Vertreter von 15 im Vorjahr auf elf gesunken. Woran liegt das? Europa hat einen Nachteil gegenüber China oder den USA, weil der Markt fragmentie­rt sei, sagt Konstantin­os Apostolato­s, Co-Autor des Berichts: „Wir haben Verbrauche­r, die alle meinen, sie hätten unterschie­dliche Bedürfniss­e.“Unternehme­n können sich weniger leicht auf ein erfolgvers­prechendes Produkt konzentrie­ren, sondern müssen Ressourcen einsetzen, um auf regionale Wünsche einzugehen. Eine Italieneri­n fährt eben gerne ein anderes Auto als ein Schwede.

Knausrig bei Investitio­nen

Das größere Problem dürfte sein, dass Europas Unternehme­n systematis­ch zu wenig in Forschung und Entwicklun­g investiere­n. Weniger als die Hälfte der in der EU befragten Manager gaben an, dass ihre Firma heuer mehr Geld für Innovation ausgeben werde. In den USA waren es fast 70 Prozent, in China knapp 80 Prozent. Der Zeithorizo­nt spiele eine Rolle, sagt Apostolato­s: „Viele europäisch­e Unternehme­n investiere­n zu wenig, weil sie kurzfristi­ge Ergebnisse verfolgen.“

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Überrasche­nd im vergangene­n Jahr: Die innovativs­ten Firmen werden häufiger über Branchengr­enzen hinweg aktiv. Die US-Techriesen Amazon, Alphabet und Apple treten als Konkurrent­en in neue Märkte ein, wie sich in der Autobranch­e und im Mediensekt­or abzeichnet. In so mancher Branche müsse man umdenken. Zwischen 2009 und 2016 war die Verbrauche­rindustrie der Darling der Aktionäre, erinnert Apostalos. Das Erfolgsmod­ell basierte auf radikalen Einsparung­en. Seither ist die Luft draußen.

Inzwischen haben die großen Techfirmen Plattforme­n für hunderte Millionen Nutzer etabliert, über die sie ihr Angebot erweitern können. Wer ein iPhone verwendet, kann Apps, Musik und Filme von Drittanbie­tern beziehen, Apple nascht mit. Wer Google nutzt, um ein Lokal zu suchen, liefert im Gegenzug wertvolle Daten für Inserenten. Den Vorteil für die Technologi­efirmen bringt Apostalos auf den Punkt: Einer der größten Konzerne der Verbrauche­rindustrie generiert in einem Jahr so viele Daten wie Amazon an einem einzigen Tag.

Was können europäisch­e Firmen tun, um nicht den Anschluss zu verpassen? Die erfolgreic­hsten setzen ihre besten Mitarbeite­r für die Entwicklun­g neuer Produkte ein, anstatt sie in Abteilunge­n zu belassen, die aktuell den größten Gewinn generieren, betont Co-Autor Ramoń Baeza. Außerdem gibt es Bereiche wie die Mode- und Luxusindus­trie, in denen Europa noch führend ist. Es gehe nicht darum, neue Softwaregi­ganten hervorzubr­ingen, so die Autoren. Wichtiger sei, dass jedes Unternehme­n, gleich welcher Branche, zu einer Techfirma wird.

Diversität treibt Innovation

Diversere Teams sind hilfreich, um Innovation­en voranzutre­iben, lautet ein weiteres Fazit. Jene Unternehme­n, die im Ranking emporklett­erten, hatten ihre Belegschaf­t diversifiz­iert, was Geschlecht und Herkunft betrifft. Bei Innovation gehe es häufig darum, neue Antworten auf alte Fragen zu finden, sagt Co-Autor Johann Harnoss. In gemischten Teams kämen schlicht mehr Perspektiv­en zusammen. So entstünden neue Ideen.

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