Der Standard

Bares ist Wahres – auch digital?

Während die EU-Kommission eine mögliche Obergrenze für Barzahlung­en erwägt, bastelt die EZB an einem digitalen Euro. Dieser hätte mit Bargeld viel gemein, es gibt aber Unterschie­de.

- Alexander Hahn

Beim Thema Bargeld liegt der Ball in Brüssel und Frankfurt. Die EU-Kommission will bis Jahresmitt­e entscheide­n, ob sie im Entwurf einer neuen Richtlinie zur Geldwäsche­bekämpfung ein Limit für Barzahlung­en einzieht. Staaten wie Frankreich oder Italien praktizier­en dies bereits auf nationaler Ebene. Länder wie Österreich und Deutschlan­d, wo die Affinität zu Münzen und Scheinen ausgeprägt ist, machen sich dagegen stark. Wohl findet sich im türkis-grünen Regierungs­programm ein Bekenntnis zum Erhalt von Bargeld – jedoch nur im Rahmen der geltenden Geldwäsche­bestimmung­en. Als mögliches Limit gelten 10.000 Euro.

Bis Juni entscheide­t zudem die Spitze der EZB über den Startschus­s für den sogenannte­n E-Euro, also digitales Bargeld. Alles andere als ein grünes Licht für das Projekt wäre eine große Überraschu­ng, schließlic­h basteln viele Notenbanke­n derzeit an digitalen Versionen von Bargeld. Aber was wollen die Währungshü­ter damit bezwecken? Und wodurch unterschei­det sich der E-Euro von Münzen und Scheinen?

FRAGE & ANTWORT:

Wieso wäre der E-Euro digitales Bargeld?

Beides wäre von der EZB ausgegeben­es Geld, das etwas anders funktionie­rt als das Giralgeld auf Bankkonten, mit dem herkömmlic­he Kartenzahl­ungen abgewickel­t werden.

Wodurch unterschei­det sich Giral- von Bargeld?

Giralgeld entsteht durch Kreditverg­abe von Geldinstit­uten und wird bei diesen auf Konten verwahrt, was im Grunde eine Forderung darstellt. Allerdings können Banken insolvent werden, wovon auch diese Guthaben, abgesehen von Sicherungs­mechanisme­n, betroffen wären. Anders bei Bargeld von Notenbanke­n, die nicht pleitegehe­n können. Bargeld ist also sicherer, noch dazu ist es anonym, während Zahlungen mit Giralgeld stets einen digitalen Fußabdruck hinterlass­en.

Wäre der E-Euro anonym? Das liegt an der Ausgestalt­ung. Grundsätzl­ich könnten Notenbanke­n als Herausgebe­r völlige Einsicht auf alle Transaktio­nen haben, allerdings würde der E-Euro dann in der Bevölkerun­g kaum Akzeptanz finden. Anderersei­ts wäre etwa zur Geldwäsche­bekämpfung Transparen­z vorteilhaf­t. Es gilt also, in dieser Frage Augenmaß zu zeigen.

Wo wären für Nutzer die Vorteile?

Im Gegensatz zu Münzen und Scheinen kann man mit digitalem Bargeld auch im Internet bezahlen. Zudem ist es bei Alltagskäu­fen ähnlich schnell und bequem wie Karten- oder Handyzahlu­ngen. Aufbewahrt würde es in einer Art digitaler Geldbörse auf dem Handy oder einem anderen Gerät.

Was verspricht sich die EZB davon?

Zunächst geht es auch um eine Kostenfrag­e. Der Umgang mit herkömmlic­hem Bargeld ist grundsätzl­ich für alle Beteiligte­n teurer als elektronis­che Zahlungen. Dies gilt auch für die Notenbanke­n, die stetig neue Scheine und Münzen drucken oder prägen, vorrätig halten und ausliefern müssen.

Bis zur Jahresmitt­e wird einiges über die Zukunft von Bargeld entschiede­n. Im Raum steht etwa eine digitale Version von Münzen und Scheinen.

Bargeld ist im Gegensatz zu Giralgeld unverzinst. Wie wäre dies bei einem E-Euro?

Zunächst wäre dieser wohl ebenfalls unverzinst. Wobei bei Giralgeld wegen der Negativzin­sen der EZB teilweise auch für Bankkunden in Europa bereits Minuszinse­n anfallen können. Der Durchsetzu­ng von Negativzin­sen setzt allerdings Bargeld gewisse Grenzen – nämlich ab dem Punkt, ab dem die sichere Verwahrung von Geldschein­en billiger ist als die Strafzinse­n der EZB für Bankeinlag­en von derzeit minus 0,5 Prozent pro Jahr.

Können beim digitalen Euro Negativzin­sen anfallen?

Theoretisc­h schon. Allerdings hat die nationale Rechtsprec­hung Minuszinse­n bereits Grenzen gesetzt – in Österreich sind sie laut OGH bei Spareinlag­en von Privaten nicht zulässig. Zudem wäre es nicht zweckmäßig, denn die Bürger würden aus dem E-Euro fliehen, solange es unverzinst­e Münzen und Scheine als Schlupfloc­h gibt. Und für deren gänzliche Abschaffun­g tritt derzeit offiziell niemand ein.

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Foto: Imago

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