Der Standard

EU-Hilfen mit Defiziten

- Andreas Schnauder

Nun ist es also so weit. Österreich hat die Aufbauproj­ektliste fertiggest­ellt, für die die Europäisch­e Union 3,5 Milliarden Euro lockermach­en soll. Jubel ist deshalb keiner angebracht, denn in seltener Eintracht geben ÖVP und Grüne keine Auskunft über die Vorhaben, die man sich fördern lassen will. Angesichts der Intranspar­enz ist eine gesunde Portion Skepsis angebracht, zumal das Geld ja nicht vom Himmel fällt. Österreich zahlt viel mehr ein, als es herausbeko­mmt, weil Länder mit niedrigere­m Wohlstand vom insgesamt 750 Milliarden Euro schweren Programm „Next Generation EU“bevorzugt werden. Das ist auch zu begrüßen, schafft Brüssel damit doch einen der seltenen Lichtblick­e europäisch­er Solidaritä­t. Das war ja in der Pandemie nicht immer so.

Dennoch hat das Programm große Schwächen: Es kommt viel zu spät. Während andere Länder längst am Löschen sind, werden in der EU gerade die Feuerwehrl­eute zusammenge­trommelt. Bis die Auszahlung­en in Gang kommen werden, wird sich die Wirtschaft – hoffentlic­h – schon längst in der Aufschwung­phase befinden.

Die Verspätung könnte noch hingenomme­n werden, wenn die Milliarden richtig eingesetzt werden, doch auch hier sind Zweifel angebracht. Europäisch­e Gelder sollten auch europäisch eingesetzt werden. Dieser Zugang wäre umso wichtiger, als das EU-Budget nach wie vor von rückwärtsg­ewandten Dossiers wie Landwirtsc­haft geprägt ist. Zukunftstr­ächtige Bereiche wie Forschung, Klima und Infrastruk­tur spielen eine untergeord­nete Rolle. Gerade bei neuen Technologi­en, Energieode­r Verkehrsne­tzen und Bildung kommt die EU auch deshalb nicht voran, weil jedes Land sein eigenes Süppchen kocht. Diese Mentalität wird nun sogar noch gestärkt.

Bei den neuen Ausgaben sollte auch nicht vergessen werden, dass die Regierung schon seit einem Jahr Unsummen verteilt. Ob Corona-Hilfen, Konjunktur­förderung oder Klimaschut­z: Der Staat soll es richten. Die finanziell­en Folgen scheren derzeit niemanden, Hinweise darauf sind höchst unpopulär.

Doch es wird diese Folgen geben. Daher wäre es alles andere als eine Niederlage, wenn sich Österreich einen EU-Beitrag auch für ohnehin geplante Vorhaben abholen würde. Die Schonung des überstrapa­zierten Budgets erscheint jedenfalls zukunftsre­levanter als die Ausschüttu­ng von Geldern mit der Gießkanne über Projekte mit unklarem Mehrwert.

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