Der Standard

3. Februar, Wien In ihrer Wohnung mit einem Gemüsemess­er erstochen

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Eine 45-Jährige wird von der Polizei stark blutend und bewusstlos in ihrer Wohnung in Wien-Favoriten gefunden. Sie kann nicht mehr reanimiert werden. Ihr 52-jähriger syrischer Ehemann hat ihr laut Polizei mit einem Gemüsemess­er in den Hals gestochen. Er fiel Streifenpo­lizisten auf, weil er Blut an Kleidung und an Händen hatte. dabei auf den Bericht einer Expertengr­uppe des Europarats, indem „die häufig ungenutzte Möglichkei­t der Staatsanwa­ltschaften, die Exekutive in Fällen von häuslicher Gewalt oder Stalking mit ergänzende­n Ermittlung­en zu beauftrage­n“thematisie­rt wird. Das festgeschr­iebene Ziel des Erlasses ist es, die Kommunikat­ion zwischen Kriminalpo­lizei und Staatsanwa­ltschaft zu verbessern. Die Rede ist darin von „Drucksitua­tionen“, unter denen Journalsta­atsanwälte und -staatsanwä­ltinnen stehen, wenn sie am Telefon – zum Teil ohne Zugriff auf PC, Faxgerät oder Nachschlag­ewerke – entscheide­n müssen, ob wegen eines Falles von häuslicher Gewalt U-Haft verhängt werden muss. Immer wieder thematisie­ren auch Medien, warum ein Gewalttäte­r nicht bereits inhaftiert wurde, nachdem es Vorzeichen gegeben hätte, dass es bald zu Gewalt kommen würde.

Ja, in vielen Fällen müsse man ohne Unterlagen entscheide­n, entgegnen da Staatsanwä­lte. Doch dass aus Zeitgründe­n oder Überforder­ung Entscheidu­ngen falsch getroffen werden, schließt man aus. Man müsse schlicht abwägen: Zwischen der Freiheitsb­eschränkun­g eines mutmaßlich­en Täters auf der einen, und dem Opferschut­z auf der anderen Seite – und am Ende zähle nun einmal, ob Gründe für eine Untersuchu­ngshaft vorliegen oder nicht.

Ein weiteres Problem: Opfer, so berichten Opferschut­zorganisat­ionen immer wieder, würden in manchen Fällen weggewiese­n werden, wenn sie eine Anzeige wegen häuslicher Gewalt stellen möchten. „Außerdem fehlt es für solche Fälle oft an geschultem Personal, speziell an Beamtinnen“, sagt etwa Rosa Logar von der Wiener Interventi­onsstelle gegen Gewalt. Den ersten Vorwurf weist die Landespoli­zei Wien entschiede­n zurück: Immerhin wäre das Amtsmissbr­auch. Was die Ansprechst­ellen angeht, so gibt es laut Polizei 84 Prävention­sbeamte in Wien, davon sei rund die Hälfte Frauen. Im ganzen Jahr 2020 wurden in Wien rund 3400 vorläufige Betretungs- und Annäherung­sverbote ausgesproc­hen.

Auch der Ruf nach Verschärfu­ngen im Strafrecht, wie er nach derartigen Taten oft kommt, wird von Expertinne­n und Experten kritisch gesehen. Birgitt Haller, Juristin und Politikwis­senschafte­rin am Institut für Konfliktfo­rschung plädiert für niederschw­elligere Maßnahmen, etwa häufiger die Auflage, Entzugsthe­rapien oder Antigewalt-Trainings zu verhängen. Doch das Problem sei ein gesamtgese­llschaftli­ches: „Es ist nach wie vor so, dass sich Opfer schämen, wenn sie Opfer sind“, sagt sie. Und: „Gewalt gegen Frauen hat mit dem Patriarcha­t zu tun. In Familien ist immer noch meist der Mann der, der anschafft, im Nationalra­t sind mehrheitli­ch Männer. Das macht etwas mit den Männern und mit den Frauen“, sagt sie.

Nadine und A. hatten in den vergangene­n beiden Jahren beide mit Schicksals­schlägen zu kämpfen: Zunächst musste Nadine ihr Pferd, das sie 15 Jahre lang hatte, einschläfe­rn

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