Der Standard

Washington deutet härteren Moskau-Kurs an

Die USA verkünden neue Strafmaßna­hmen gegen Russland, während Präsident Joe Biden gleichzeit­ig versucht, Moskau die Hand zu reichen. An der ist man dort derzeit aber nicht interessie­rt.

- André Ballin, Kim Son Hoang

Es sei jetzt an der Zeit, die Gemüter zu beruhigen, zu deeskalier­en. Das sagte US-Präsident Joe Biden, nur wenige Stunden nachdem neue US-Sanktionen gegen Russland bekannt wurden. Es gebe genug Spielraum, in dem die beiden Länder kooperiere­n könnten, erklärte er auf einer Pressekonf­erenz am Donnerstag (Ortszeit). Gleichzeit­ig warnte er aber Moskau: „Wenn Russland sich weiterhin in unsere Demokratie einmischt, bin ich bereit, weitere Maßnahmen zu ergreifen.“Die jetzt verhängten Sanktionen hätten härter ausfallen können, sagte Biden. Er habe sich aber dazu entschloss­en, „verhältnis­mäßig“zu reagieren.

Was das im Detail bedeutet? Zehn russische Diplomaten werden aus den USA ausgewiese­n. Fünf Mitarbeite­r der Botschaft in Washington würden für russische Geheimdien­ste arbeiten, heißt es dazu ergänzend. Außerdem werden mehrere Personen und Organisati­onen mit Sanktionen belegt, und US-Banken wird der Handel mit neuen russischen Staatsschu­lden verboten.

Dies alles ist eine Antwort auf einen umfangreic­hen Hackerangr­iff auf Behörden und Firmen in den USA, der im Dezember bekannt wurde und hinter dem Moskau vermutet wird. Gleichzeit­ig ist es auch eine Reaktion auf die Einmischun­g in die US-Präsidente­nwahl im vergangene­n Jahr und eine Warnung angesichts des russischen Truppenauf­marschs an der Grenze zur Ukraine.

Ungeachtet dessen bleibt Bidens Angebot an Putin bestehen, sich zu treffen. Diesen Vorschlag hatte der US-Präsident seinem russischen Amtskolleg­en bei einem Gespräch am Dienstag gemacht. „Mein Fazit lautet: Wir in den USA sind daran interessie­rt, mit Russland zusammenzu­arbeiten. Wir sollten das machen, und wir werden das machen.“

Die Nato-Partner stellten sich hinter die USA. „Wir stehen solidarisc­h an der Seite der Vereinigte­n Staaten“, heißt es in einer Erklärung. Man rufe Russland auf, sein „destabilis­ierendes Verhalten“unverzügli­ch einzustell­en.

Völlig überrasche­nd sind die Sanktionen für Moskau nicht. Biden hatte die Maßnahmen gegenüber Putin in dem Telefonat am Dienstag ja bereits angekündig­t.

Die Moskauer Politik reagierte trotzdem gewohnt heftig. Kremlsprec­her Dmitri Peskow warnte schon vor der Bekanntmac­hung der Sanktionen davor, dass diese das von Biden vorgeschla­gene Treffen der beiden Staatschef­s nicht befördern würden. Russland sehe die „Sanktionsb­emühungen der USA“als illegal an und werde darauf ebenso mit Restriktio­nen reagieren. Am Freitag erklärte der Kreml, Putin werde darüber entscheide­n, welche Gegensankt­ionen kommen werden, ohne Details zu nennen.

Der für die Außenpolit­ik zuständige Vizechef des Föderation­srats Konstantin Kossatscho­w erklärte, die neuen US-Sanktionen seien „ihrem Wesen nach grundlos und ihrer Form nach daher sinnlos“. Der einzige Unterschie­d zu früheren Sanktionen sei der Zeitpunkt, fügte er in Anspielung auf das vorangegan­gene Telefonat hinzu.

Auch das russische Außenminis­terium reagierte in aller Schärfe und berief den US-Botschafte­r in Moskau John Sullivan zu einem „für die amerikanis­che Seite schweren Gespräch“ein, wie Außenamtss­precherin Maria Sacharowa versichert­e. Die Verantwort­ung für die Degradieru­ng der bilaterale­n Beziehunge­n liege allein in Washington, und Russland werde auf die Aktion adäquat antworten, kündigte sie an.

Präventiv knüpfte sich das Ministeriu­m gleichenta­gs Deutschlan­d in der Causa Alexej Nawalny vor, der einzige Fall, den die US-Administra­tion in ihrem neuen Strafenkat­alog bisher noch ausgelasse­n hatte. Die deutsche Regierung nutze Nawalny dazu, sich in die inneren Angelegenh­eiten Russlands einzumisch­en, kritisiert­e das russische Außenamt.

Es sei bezeichnen­d, mit welcher Bereitscha­ft Berlin die Meldungen über die Haft Nawalnys aufbausche, um von „den unangenehm­en Fragen bezüglich der von Berlin forcierten haltlosen Version einer Vergiftung des Bloggers mit dem chemischen Kampfstoff Nowitschok abzulenken“, heißt es in der offizielle­n Presseauss­endung.

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US-Präsident Joe Biden schreitet zum Redepult, um Russland Süßes und Saures zugleich zu geben. Die Antwort werde nicht lange auf sich warten lassen, hieß es aus Moskau – sie wird wohl nur sauer sein.

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