Washington deutet härteren Moskau-Kurs an
Die USA verkünden neue Strafmaßnahmen gegen Russland, während Präsident Joe Biden gleichzeitig versucht, Moskau die Hand zu reichen. An der ist man dort derzeit aber nicht interessiert.
Es sei jetzt an der Zeit, die Gemüter zu beruhigen, zu deeskalieren. Das sagte US-Präsident Joe Biden, nur wenige Stunden nachdem neue US-Sanktionen gegen Russland bekannt wurden. Es gebe genug Spielraum, in dem die beiden Länder kooperieren könnten, erklärte er auf einer Pressekonferenz am Donnerstag (Ortszeit). Gleichzeitig warnte er aber Moskau: „Wenn Russland sich weiterhin in unsere Demokratie einmischt, bin ich bereit, weitere Maßnahmen zu ergreifen.“Die jetzt verhängten Sanktionen hätten härter ausfallen können, sagte Biden. Er habe sich aber dazu entschlossen, „verhältnismäßig“zu reagieren.
Was das im Detail bedeutet? Zehn russische Diplomaten werden aus den USA ausgewiesen. Fünf Mitarbeiter der Botschaft in Washington würden für russische Geheimdienste arbeiten, heißt es dazu ergänzend. Außerdem werden mehrere Personen und Organisationen mit Sanktionen belegt, und US-Banken wird der Handel mit neuen russischen Staatsschulden verboten.
Dies alles ist eine Antwort auf einen umfangreichen Hackerangriff auf Behörden und Firmen in den USA, der im Dezember bekannt wurde und hinter dem Moskau vermutet wird. Gleichzeitig ist es auch eine Reaktion auf die Einmischung in die US-Präsidentenwahl im vergangenen Jahr und eine Warnung angesichts des russischen Truppenaufmarschs an der Grenze zur Ukraine.
Ungeachtet dessen bleibt Bidens Angebot an Putin bestehen, sich zu treffen. Diesen Vorschlag hatte der US-Präsident seinem russischen Amtskollegen bei einem Gespräch am Dienstag gemacht. „Mein Fazit lautet: Wir in den USA sind daran interessiert, mit Russland zusammenzuarbeiten. Wir sollten das machen, und wir werden das machen.“
Die Nato-Partner stellten sich hinter die USA. „Wir stehen solidarisch an der Seite der Vereinigten Staaten“, heißt es in einer Erklärung. Man rufe Russland auf, sein „destabilisierendes Verhalten“unverzüglich einzustellen.
Völlig überraschend sind die Sanktionen für Moskau nicht. Biden hatte die Maßnahmen gegenüber Putin in dem Telefonat am Dienstag ja bereits angekündigt.
Die Moskauer Politik reagierte trotzdem gewohnt heftig. Kremlsprecher Dmitri Peskow warnte schon vor der Bekanntmachung der Sanktionen davor, dass diese das von Biden vorgeschlagene Treffen der beiden Staatschefs nicht befördern würden. Russland sehe die „Sanktionsbemühungen der USA“als illegal an und werde darauf ebenso mit Restriktionen reagieren. Am Freitag erklärte der Kreml, Putin werde darüber entscheiden, welche Gegensanktionen kommen werden, ohne Details zu nennen.
Der für die Außenpolitik zuständige Vizechef des Föderationsrats Konstantin Kossatschow erklärte, die neuen US-Sanktionen seien „ihrem Wesen nach grundlos und ihrer Form nach daher sinnlos“. Der einzige Unterschied zu früheren Sanktionen sei der Zeitpunkt, fügte er in Anspielung auf das vorangegangene Telefonat hinzu.
Auch das russische Außenministerium reagierte in aller Schärfe und berief den US-Botschafter in Moskau John Sullivan zu einem „für die amerikanische Seite schweren Gespräch“ein, wie Außenamtssprecherin Maria Sacharowa versicherte. Die Verantwortung für die Degradierung der bilateralen Beziehungen liege allein in Washington, und Russland werde auf die Aktion adäquat antworten, kündigte sie an.
Präventiv knüpfte sich das Ministerium gleichentags Deutschland in der Causa Alexej Nawalny vor, der einzige Fall, den die US-Administration in ihrem neuen Strafenkatalog bisher noch ausgelassen hatte. Die deutsche Regierung nutze Nawalny dazu, sich in die inneren Angelegenheiten Russlands einzumischen, kritisierte das russische Außenamt.
Es sei bezeichnend, mit welcher Bereitschaft Berlin die Meldungen über die Haft Nawalnys aufbausche, um von „den unangenehmen Fragen bezüglich der von Berlin forcierten haltlosen Version einer Vergiftung des Bloggers mit dem chemischen Kampfstoff Nowitschok abzulenken“, heißt es in der offiziellen Presseaussendung.