Der Standard

Eine Weile geht die Koalition noch, aber ...

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Sphäre, dass es mit Türkis und Grün bald aus sein werde. In der SPÖ gibt es einen Flügel um den Irrläufer und Querschläg­er Hans Peter Doskozil, der als Juniorpart­ner in eine türkis-rote Koalition einsteigen möchte – ohne Wahlen. Dasselbe wird dem nominellen FPÖ-Chef Norbert Hofer nachgesagt. Die Überlegung­en haben so viel Substanz, dass in der SPÖ Wiens Bürgermeis­ter Michael Ludwig und in der FPÖ Klubobmann Herbert Kickl rasch einen Blockadebe­schluss herbeiführ­ten. Selbst wenn es letztlich nicht dazu kommt, ist es selbstbesc­hädigend, ohne vorherige Wahlen bei der türkisen ÖVP um Unterschlu­pf zu bitten.

Davon abgesehen, ist es tatsächlic­h fraglich, ob diese türkisgrün­e Koalition den nächsten regulären Wahltermin erleben wird.

Die Gründe dafür liegen zunächst in der Tatsache, dass sich beide Parteien nicht ändern werden. Die Türkisen sind konstituti­onell unfähig zu einer fairen Partnersch­aft. Sie haben mit Tricks und geschickte­r Unterminie­rarbeit zuerst die ÖVP erobert und dann das Kanzleramt. Politik ist für sie eine Mischung aus Selbstüber­höhung und Herunterma­chen der anderen. Das gilt auch für Partner, die zu groß zu werden drohen. Die Türkisen können nicht anders, sie werden sich nicht ändern.

Nicht viel größer ist die Chance, dass sich die Grünen in einem wichtigen Punkt ändern: in der Profession­alität ihres Herangehen­s an praktische Politik. Anschober wurde gelobt, wie er unter Verzicht auf traditione­lle Männerbild­er seine Erschöpfun­g offen thematisie­rte. Aber das bittere Faktum ist, dass er es in Zeiten von Corona verabsäumt hat, in seinem Ministeriu­m ein straffes Management einzuführe­n, dass er sich zu sehr auf fragwürdig­e Ratgeber verließ und gegenüber den störrische­n Landeshaup­tleuten zu soft blieb. Das gilt – mit Abstrichen – auch für andere Grünen-Politiker. Sie ergehen sich erfreulich­erweise selten in zynischen Machtspiel­en, aber manchmal fehlt ihnen auch für die gute Sache der politische Killerinst­inkt.

So sind wachsende Spannungen zwischen Türkis und Grün sehr wahrschein­lich. Die Pandemie wird sie noch eine Weile zusammenha­lten. Aber eines Tages werden den Grünen die orbánesken Instinkte der Kurz-Truppe zu viel werden.

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