EU will Verträge mit Astra Zeneca offenbar nicht verlängern
Kommissar Breton sieht Pünktlichkeit der Impfstofflieferungen als Priorität – Ab Mai soll Verteilung an den Westbalkan beginnen
Lieferengpässe, seltene Nebenwirkungen, Länder, die eine Altersgrenze verhängen: Zum Impfstoff von Astra Zeneca dominieren scheinbar dauerhaft die negativen Schlagzeilen. EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton deutete nun eine Reaktion der Union auf die Verzögerungen an: Hinsichtlich einer möglichen Vertragsverlängerung mit dem britischschwedischen Unternehmen sei zwar „noch nichts entschieden“, sagte er in dem französischen Sender BMFTV am Sonntag; Priorität habe für ihn aber, dass die Impfdosen pünktlich ankommen.
Astra Zeneca lieferte von den 120 Millionen Impfdosen, die die EU für das erste Quartal bestellt hatte, bekanntlich nur 30 Millionen. Im zweiten Quartal kommen statt 180 Millionen nur 70 Millionen Dosen.
Bereits am Freitag bezeichnete Frankreichs Industrieministerin Agnès Pannier-Runacher es als sehr wahrscheinlich, dass die EU ihre Abmachung mit Astra Zeneca nicht über 2021 hinaus verlängern werde.
Planungssicherheit fehlt
„Medizinische Gründe“würden bei diesen Überlegungen keine Rolle spielen, stellte Breton am Sonntag klar. Es gehe um Planungssicherheit und Zuverlässigkeit – Eigenschaften, die die EU offenbar bei Biontech/Pfizer
sieht: Am Montag wurde die Lieferung von 100 Millionen zusätzlichen Impfdosen für das zweite Halbjahr 2021 vereinbart.
Neben Astra Zeneca hat die EU auch mit Johnson & Johnson noch keine Gespräche für einen neuen Vertrag aufgenommen. Hier geht es um medizinische Bedenken: Nachdem in den USA nach sieben Millionen Impfungen sechs Fälle von Sinusthrombosen aufgetreten waren, wurden Impfungen in mehreren Ländern, auch Österreich, ausgesetzt. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA will heute ihr Gutachten dazu vorlegen.
Die EMA prüft derzeit auch den russischen Impfstoff Sputnik V – und erst danach wird das Vakzin wohl in Österreich eingesetzt. Der neue Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) sagte am Montag, eine EMA-Zulassung als Voraussetzung sei ihm „wichtig“. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte eine Bestellung bereits für Anfang April in Aussicht gestellt.
Impfstoff für Westbalkan
Österreich koordiniert indes die Impfstofflieferungen der EU an den Westbalkan. Ab Mai soll mit der Auslieferung der 651.000 Impfdosen von Biontech/Pfizer in die sechs Staaten begonnen werden, wie Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am Montag ankündigte.
Die EU stellt die Impfdosen und deren Finanzierung zur Verfügung – es handelt sich um Vakzine, die von einigen EU-Staaten nicht abgerufen wurden. „Im Kampf gegen die Pandemie können wir uns keine weißen Flecken auf der Impflandkarte leisten“, sagte Schallenberg.
Die Impfstoffe werden nach Bedürftigkeit, nicht nach Bevölkerungsschlüssel geliefert. So wird Bosnien-Herzegowina mit 214.000 Dosen als jenes Land, das am meisten Hilfe braucht, auch am meisten profitieren. Nirgendwo in Europa ist die Todesrate derzeit höher.
Schallenberg betonte, dass durch die Versorgung der Westbalkanstaaten mit Impfstoffen „niemand in der EU später geimpft wird“. Die Dosen seien explizit für die Weitergabe an Drittstaaten bestimmt.