Der Standard

Wiener Spitäler üben Solidaritä­t

Burgenland hat den Lockdown beendet, das führt zu Unmut in der übrigen Ostregion. Denn in Wien will man die Intensivst­ationen entlasten – und die Patienten kommen nicht nur aus der Hauptstadt.

- Oona Kroisleitn­er, Gabriele Scherndl, Wolfgang Weisgram

Seitdem das Burgenland den gemeinsame­n Weg der Ostregion verlassen hat, ist die Beziehung mit Wien angeknacks­t. Zuvor hatte Wiens Bürgermeis­ter Michael Ludwig (SPÖ) über Wochen den Takt für alle drei Bundesländ­er vorgegeben. Nun entschied dessen Parteikoll­ege Hans Peter Doskozil, auszuscher­en.

Wegen der hohen Belegung der städtische­n Intensivst­ationen verlängert­e Ludwig den Lockdown zuletzt bis 2. Mai. Der Stadtchef hatte immer wieder auf die Solidaritä­t der anderen Landeshaup­tleute gepocht. Doch nur die türkise Landeschef­in von Niederöste­rreich, Johanna MiklLeitne­r, blieb im Lockdown-Boot.

Seither ist die Stimmung zwischen den roten Landesfürs­ten Ludwig und Doskozil abgekühlt. Da erklärte etwa Ludwig auf der einen Seite schnippisc­h, dass Doskozils Solidaritä­t offenbar beim Kanzler, der auf Öffnungen dränge, liege. Im Gegensatz dazu sei er selbst solidarisc­h mit den anderen Ländern und deren Bevölkerun­g. Denn, das rechnete Ludwig vor, etwa 20 Prozent der Patienten in Wiener Spitälern – am AKH sogar 40 Prozent – kämen nicht aus der Hauptstadt. Wien spiele nicht nur für die Wiener eine wichtige Rolle in der intensivme­dizinische­n Versorgung, meint der Stadtchef.

Umgekehrt hieß es am Montag wiederum aus Eisenstadt: Das Burgenland habe nur einen einzigen Covid-Intensivpa­tienten

in die Hauptstadt gebracht. Ausschließ­en könne man freilich nicht, dass sich zudem Burgenländ­er mit Wiener Wohnsitz in Wiener Spitälern befänden.

Aber wie viele Burgenländ­er liegen nun wirklich in einem Wiener Bett? 110 Burgenländ­er seien derzeit in einem Wiener Spital untergebra­cht, heißt es aus der Hauptstadt. 99 von ihnen belegen ein Normalbett, zwei davon wegen einer Corona-Erkrankung. Elf Burgenländ­er sind in Wien auf einer Intensivst­ation, eine Person davon mit Corona.

Im Burgenland wiederum befanden sich am Montag 25 CovidPatie­nten auf der Intensivst­ation, eine Person weniger als am Vortag. 35 Intensivst­ationsbett­en gibt es dort insgesamt für Corona-Patienten. 38 Personen waren außerdem wegen einer Corona-Erkrankung in einem burgenländ­ischen Spital.

Doch nicht nur Wiener und Burgenländ­er werden in den Spitälern der Hauptstadt versorgt. Auf den Intensivst­ationen sind derzeit 21 Prozent der Patienten, die nicht wegen Covid behandelt werden, aus einem anderen Bundesland. Unter den Corona-Intensivpa­tienten sind es fünf Prozent. Insgesamt stehen in Wien 550 Intensivbe­tten zur Verfügung – für alle Patienten und egal, aus welchem Grund sie eine Versorgung benötigen. 215 davon wurden am Montag von Covid-Erkrankten benötigt, das sind 21 mehr als noch am Sonntag. Das heißt, dass neben der einen Person aus dem Burgenland noch zehn weitere Patienten aus anderen Bundesländ­ern versorgt werden.

477 Normalbett­en belegt

Von den Nicht-Covid-Normalbett­en entfallen zwölf Prozent auf Gastpatien­ten, zwei Prozent der wegen Corona belegten Normalbett­en sind von Nicht-Wienern besetzt. Von den 477 Corona-Betten, die in Wien derzeit belegt sind, sind das also acht, die weder aus Wien noch aus dem Burgenland kommen.

In der Hauptstadt will man auch weiterhin Gastpatien­ten aus anderen Ländern aufnehmen. Auch für das Burgenland steht dies außer Frage: Dass in Wien Spezial- und Universitä­tskliniken beheimatet sind, die für die Versorgung nicht nur Wiens da seien, heißt es in Eisenstadt, werde schließlic­h auch beim Finanzausg­leich entspreche­nd berücksich­tigt.

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Zum Streiten geht man meist ins Hinterzimm­er. Stadtchef Ludwig und Landeschef Doskozil haben dieses mittlerwei­le verlassen.

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