Der Standard

Bestenfall­s ein halber Comeback-Plan

Die in der Not gebastelte­n Hilfen wurden von der Koalition nicht verbessert

- András Szigetvari

Untätigkei­t lässt sich der türkisgrün­en Regierung wahrlich nicht vorwerfen. Die Pandemie hat einen gewaltigen wirtschaft­lichen Schaden angerichte­t, und die Koalition hat viel Geld in die Hand genommen, um darauf zu reagieren. Mehr 30 Milliarden Euro hat der Staat bereits in diverse Antikrisen­programme gesteckt, und heuer wird noch einmal aufgestock­t. Am Ende, könnten sich die Hilfsgelde­r auf gut 50 Milliarden Euro summieren.

Im Prinzip ist das richtig. Keine Schulden zu machen, während Unternehme­n am Boden liegen und die Arbeitslos­igkeit rapide steigt, wäre fatal gewesen, zumal die Zinsen extrem niedrig sind.

Eine ganz andere Frage, über die in Österreich zu wenig diskutiert wird, ist allerdings, ob die Ausgaben sinnvoll sind und sich mit dem Geld nicht hätte mehr erreichen lassen. An dieser Stelle sind dann doch Zweifel angebracht. Österreich ist bereits im Jahr zwei der Pandemie, und doch wirken viele Maßnahmen so, als wären sie unter enormem Zeitdruck in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zusammenge­baut worden, um ganz eine akute Krise abzufedern. Die Regierung war also säumig, sie hätte die Zeit gehabt, sich besser vorzuberei­ten. A ls eines der ersten konkreten Projekte des türkis-grünen Comeback-Plans für die Wirtschaft wurde die Aufstockun­g der Investitio­nsprämie von drei auf fünf Milliarden Euro präsentier­t. Unternehme­n, die in neue Computer oder Maschinen investiere­n, bekommen vom Staat sieben Prozent ihrer Ausgaben gefördert, bei Investitio­nen in den Gesundheit­ssektor und Digitalisi­erung sind es sogar 14 Prozent. Das ist keine schlechte Idee. Aber ausbezahlt wird weiter mit der Gießkanne. So kommen auch Wirtschaft­szweige in den Genuss des Geldes, die gar nicht mehr in der Krise stecken. Die Industrie beschäftig­t wieder fast so viele Menschen wie vor der Pandemie, die Produktion dürfte schon über dem Vorkrisenn­iveau liegen. Der Sektor kommt allein zurecht.

Noch problemati­scher ist, dass zu einem guten Teil Unternehme­nsausgaben gefördert werden, die es ohnehin gegeben hätte: Dass dies neue Projekte sind, die bisher nicht in Planung waren, ist nicht einmal Voraussetz­ung für die Zuerkennun­g der Prämie. Unternehme­n investiere­n in Österreich jedes Jahr über 40 Milliarden Euro in Maschinen, Software und Anlagen. Viele Betriebe freuen sich also einfach über einen Zuschuss, manche ziehen nur geplante Ausgaben vor, was langfristi­g kaum einen volkswirts­chaftliche­n Vorteil bringen dürfte. Genau hier hätte kluge Regierungs­politik versuchen können, zielgenaue­re Kriterien auszuarbei­ten.

Das Problem ist, dass Geld natürlich noch nicht abgeschaff­t wurde und Mittel, die hier verpuffen, anderswo fehlen.

Sonst sind es bisher fast nur Überschrif­ten, die vom Comeback-Plan bekannt sind, weshalb es für eine abschließe­nde Bewertung zu früh ist. Dass der Staat in Ökologisie­rung investiert, etwa Busflotten elektrifiz­iert werden sollen, klingt sinnvoll, ebenso sind es Investitio­nen in Forschung und Bildung.

Für einen echten Comeback-Plan ist das alles freilich noch zu wenig: Dafür brauchte es nachhaltig­ere Ausgaben und Konzepte zur Belebung des Arbeitsmar­ktes, echte Hilfe dort, wo es noch nötig ist, und dann die angekündig­te ökosoziale Steuerrefo­rm. Diese wird von der Koalition vor sich hergeschob­en. Nicht ohne Grund: Dieser Punkt ist die große Sollbruchs­telle der Koalition.

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