Der Standard

Ein Jobprogram­m, wenig Details

Die Regierung will 50.000 Langzeitar­beitslose in Beschäftig­ung bringen und ruft dafür ein neues Programm ins Leben. Sonst brachte die zweitägige Klausur wenig Neues. Die ökosoziale Steuerrefo­rm bleibt ein Verspreche­n.

- Neues Projekt für Jobmarkt Aber Details fehlen noch András Szigetvari Zuschuss für Investitio­nen Mittel für Prämie steigen Was im Aufbaufond­s steckt Projekte vorgestell­t Steuerrefo­rm: Bitte warten Regierung vertröstet Lange To-do-Liste Ungehörte Forderung

Der Comeback-Plan, mit dem die türkisgrün­e Koalition die österreich­ische Wirtschaft wieder auf die Beine bringen will, bleibt auch nach der zweitägige­n Regierungs­klausur vor allem ein Plan. Am Dienstag wurden die Ergebnisse der Klausur präsentier­t. Dabei gab es eine echte Neuerung, so manches Verspreche­n – und offensicht­lich wurden auch einige Lücken.

Lange war darüber schon spekuliert worden, nun ist es fix: Die Regierung wird ein neues Programm zur Unterstütz­ung von Langzeitar­beitslosen ins Leben rufen. Bis Ende kommenden Jahres sollen 50.000 Personen über die Aktion „Sprungbret­t“wieder einen Job bekommen. Die genaue Ausgestalt­ung soll allerdings erst in den kommenden Wochen vorliegen. So steht laut Angaben des Arbeitsmin­isteriums auch die Budgetieru­ng noch nicht fest. Aus dem EU-Wiederaufb­aufonds wurden für Projekte rund um den Arbeitsmar­kt 280 Millionen Euro beantragt – „das schafft einen Spielraum“, hieß es auf Anfrage aus dem Ministeriu­m.

Klar ist, dass die Gruppe der Langzeitar­beitslosen in der Krise enorm gewachsen ist. Aktuell sind laut AMS-Zahlen knapp 147.000 Personen langzeitar­beitslos. Das ist ein Plus von gut 40.000 Menschen im Vergleich zum März 2020.

Die Zahl 50.000 ist nicht zufällig gewählt, damit sollen Vorschläge aus der Opposition übertroffe­n werden. Die SPÖ hatte eine Aktion 40.000 vorgeschla­gen, also eine Neuauflage des alten rot-schwarzen Förderprog­rammes für Langzeitar­beitslose. Dabei übernahm das AMS bei Gemeinden und gemeinnütz­igen Einrichtun­gen die gesamten Kosten bei der Einstellun­g älterer Langzeitar­beitsloser für zunächst ein Jahr. Die SPÖ schlug eine solche Aktion ohne Alterseins­chränkung vor.

Laut Arbeitsmin­ister Martin Kocher dürften neben Gemeinden diesmal aber auch

Unternehme­n in den Genuss einer Förderung kommen, sofern sie entspreche­nd Menschen aufnehmen, die schon sehr lange keine Stelle finden. Wie hoch diese Förderung ist und wie lange sie gewährt wird, all das muss nun in den kommenden Wochen fixiert werden.

Die Grünen hatten hinter den Kulissen wiederholt auf ein Programm für Langzeitar­beitslose gedrängt, die ÖVP stand hier auf der Bremse.

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian sieht die Ergebnisse der Regierungs­klausur ambivalent. „Alles, was dazu dient, Arbeitslos­igkeit zu senken, ist im Prinzip gut“, meint der ÖGBChef zur APA. Was ihn störe, sei, dass Details nicht bekannt sind.

Die zweite tatsächlic­he Neuerung nach der Klausur ist, dass die Investitio­nsprämie von drei auf fünf Milliarden Euro steigen wird. Das war bereits zum Auftakt des Regierungs­treffens am Montag verkündet worden. Die Prämie kann über die Finanzieru­ngsbank der Republik, die AWS, beantragt werden. Gefördert werden sieben Prozent der geplanten Investitio­nen, bei Projekten im Bereich Gesundheit oder Digitalisi­erung sind es 14 Prozent. Die Investitio­nsprämie gilt als ÖVPforcier­tes Projekt.

Obwohl es mit der Regierungs­klausur nur indirekt zu tun hat, stand im Rahmen der Präsentati­onen des türkis-grünen ComebackPl­anes auch der EU-Aufbaufond­s im Fokus. Vergangene Woche hatte die Koalition bekanntgeg­eben, dass die heimischen Projekte, für die eine EU-Förderung beantragt wurde, an die EU-Kommission vorläufig übermittel­t wurden.

Details dazu wurden nicht veröffentl­icht, DER STANDARD hat das Dokument schon eingesehen und berichtete. Nun holte die Koalition ihrerseits die Veröffentl­ichung nach und präsentier­te einige der Projekte. Bei diesem Aufbau- und Resilienzf­onds hat die Regierung rund 890 Millionen für den Breitbanda­usbau beantragt. 107 Millionen Euro soll es für Investitio­nen in die Quantenfor­schung geben, 100 Millionen für den Ausbau der Forschungs­kompetenz im Bereich Wasserstof­f. Im Wirtschaft­skapitel (765 Millionen) ist Geld für die Investitio­nsprämie oder die Digitalisi­erung von KMUs vorgesehen.

Nichts Neues gibt es in puncto der geplanten ökosoziale­n Steuerrefo­rm. Im Ministerra­tsbeschlus­s heißt es zwar, dass im ersten Quartal 2022 eine Steuerrefo­rm in Kraft treten soll, bei der auch eine CO2-Bepreisung in Österreich eingeführt wird. Klar ist auch, dass die gesamte Steuerrefo­rm der Regierung damit junktimier­t ist: So heißt es im Ministerra­tsbeschlus­s, dass von dieser Bepreisung auch eine geplante weitere steuerlich­e Entlastung abhängig ist. Doch wie hoch der CO2-Preis sein soll, ist unklar, ebenso was von der Klimaabgab­e erfasst werden wird. Ob hier eine politische Einigung gelingt, ist also fraglich.

Damit bleibt die Liste der Forderunge­n lang, die an die Koalition herangetra­gen wurden, aber noch nicht in Umsetzung sind. Der Chef der Industriel­lenvereini­gung, Georg Knill, hatte im Vorfeld der Klausur eine Senkung der Lohnnebenk­osten verlangt und gefordert, den Körperscha­ftssteuers­atz von 25 auf 21 Prozent zu senken. Der ÖGB hatte verlangt, dass die Regierung finanziell vorsorgen sollte, um eine Pleitewell­e zu verhindern. Gefordert wurde die Errichtung eines Fonds. Auch die Umsetzung der EU-Projekte muss erst mit der Kommission diskutiert werden.

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Klimaminis­terin Gewessler (Grüne), Finanzmini­ster Blümel und Arbeitsmin­ister Kocher präsentier­ten Ergebnisse der Klausur.

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