Der Standard

Erst Blumen, dann Biontech

- ➚ Colette M. Schmidt

Seit einem halben Jahr sind sie fast täglich auf Österreich­s TV-Bildschirm­en zu sehen: Spritzen, die in Oberarmen stecken. Doch damit lockt man keine unentschlo­ssene Maus hinter dem Ofenrohr hervor und keine unentschie­denen Oberarmbes­itzer zum Arzt oder zur Impfstraße. Wir sind von der Herdenimmu­nität noch weit entfernt.

Auch Deutschlan­d geht in Sachen Impfungen gegen Covid „die Puste aus“, wie es die Kollegen im deutschen Fernsehen formuliere­n. Nur 40 Prozent sind in Deutschlan­d schon vollständi­g geimpft, 57 Prozent erst einmal. Deshalb

KREATIVE IMPFKAMPAG­NEN IN ZDF- UND ARD-NACHRICHTE­N

baut man auf kreative Lösungen, und damit ändert sich auch die Bildsprach­e im TV. Die angestoche­nen Oberarme werden weniger. Bunte Bilder etwa aus Bad Essen in Niedersach­sen, wo jetzt am Wochenmark­t geimpft wird, werden in den TV-Redaktione­n händeringe­nd genommen. Im ZDF-Heute Journal genauso wie in der Tagesschau der ARD. „Erst Blumen, dann Biontech“, kommentier­t der Sprecher die Menschensc­hlangen zwischen Ständen mit frischem Gemüse und bunten Schirmen, unter denen Eierkarton­s vom lokalen Anbieter neben Einmachglä­sern arglos warten. Dazwischen gibt es eine Spritze. Die befragte Kundschaft ist begeistert.

Im bayerische­n Altötting hingegen sieht man nur seelenlose Kühlschrän­ke, in denen 12.000 sterile Spritzen bisher ungenutzt verharren. Selbst schuld. Wenigstens einen Clown hätte man engagieren können. Oder eine „Impflotter­ie“veranstalt­en, wie ein Arzt vom örtlichen Impfzentru­m vorschlägt. Warum auch nicht? Oder man schenkt einen Wocheneink­auf zum Gratisvakz­in dazu. Hauptsache, kein Lockdown mehr im Herbst.

dst.at/TV-Tagebuch

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