Gestaltete Welt
Den „größeren Rahmen“des Werks wie auch der anderen Protagonisten der 1949 gemeinsam mit dem Maler Julius Bissier, Otto Steinert, Peter Keetmann und Heinz Hajek-Halke gegründeten Gruppe fotoform bildet der Impuls der im Kollektiv definierten „subjektiven fotografie“: „Die subjektive fotografie wird von uns als Rahmenbegriff verstanden, der alle Bereiche persönlichen Fotogestaltens vom ungegenständlichen Fotogramm bis zur psychologisch vertieften und bildmäßig geformten Reportage umfasst.“Dabei war vor allem dem 1920 in Urbar bei Koblenz geborenen, 2006 in Lindau am Bodensee verstorbenen Toni Schneiders, aus seinem Zeitgefühl heraus, wichtig, dass sich die fotografierende Person visuell nachvollziehbar mit ihrer Weltsicht und ihrer eigenen künstlerischen Sprache in den Gestaltungsprozess einbrachte. Für Schneiders bedeutete „Sich-selbst-inden-gestalterischen-Prozess-Hineinnehmen“vor allem die Begegnung mit Menschen. Des technischen Repertoires bediente er sich virtuos, ein Kennzeichen seiner Fotokunst ist eine gewisse flirrende Unschärfe, um Hinter- und Vordergrund in Kontext zu setzen und ihnen Bedeutung beizumessen. Bewegte und statische Elemente, Schärfen und dezidierte Unschärfen setzte er weltweit reisend in Szene. Dieser klar proklamierte Gestaltungswille mit Wirklichkeitsbezug prägte die Avantgardefotografie Deutschlands nach 1945. Eine Melange aus figurativer Darstellung und formaler Abstraktion, oszillierend zwischen Dokumentation und Design, ergab das (foto)grafische Gesamtkonzept. „Mich interessiert, was ich anfangen kann, um die Menschen und die kleinen und großen Dinge ringsherum mit den Mitteln der Fotografie in eine bildhafte Form zu bringen.“
Toni Schneiders, „Schaut her!“. Hg. v. Sebastian Lux / Stiftung F. C. Gundlach. € 47,10 / 296 Seiten. Steidl, Göttingen 2021