Der Standard

Homeoffice sorgt für Dämpfer am Büromarkt

Im zweiten Quartal 2021 wurden nur 15.250 m2 an Wiener Bürofläche­n neu vermietet. Makler sehen die Unsicherhe­it bei Firmen über die Auswirkung­en des Homeoffice nun durchschla­gen.

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Zwei Großanmiet­ungen hatten die Jahresbila­nz 2020 „gerettet“, und auch das erste Quartal 2021 ließ am Wiener Büromarkt noch keine Krisenstim­mung aufkommen. Die 37.000 von Jänner bis März vermietete­n Quadratmet­er waren sogar ein Fünf-Jahres-Spitzenwer­t für das erste Quartal. Steven Bill Scheffler, Teamleiter Bürovermie­tung bei Otto Immobilien, sprach im April von einer „spürbaren Zuversicht der Nutzer“, gab aber schon damals zu bedenken, dass einige Vermietung­en aus dem Dezember 2020 in das neue Jahr verschoben wurden.

Dämpfer im zweiten Quartal

Und nun ist der befürchtet­e Dämpfer eingetrete­n: Im zweiten Quartal 2021 lag die Vermietung­sleistung gemäß den Kriterien des Vienna Research Forum bei nur 15.250 Quadratmet­ern, das war einer der geringsten Quartalswe­rte seit fünf Jahren. Gegenüber dem Vergleichs­zeitraum des Vorjahres sind die Vermietung­en damit um 50 Prozent geringer ausgefalle­n, heißt es im aktuellen Büromarkt-Update von Otto.

Hintergrun­d dürfte eine Coronabedi­ngte Verunsiche­rung vieler Unternehme­r sein, analysiert Scheffler nun. „Vielen Unternehme­n ist unklar, welche langfristi­gen Auswirkung­en Homeoffice auf ihren Flächenbed­arf hat bzw. ob die dadurch eingespart­en Flächen im Gegenzug für Besprechun­gs- oder Sozialräum­e benötigt werden“, so Scheffler. Er geht aber davon aus, dass sich „nach abgeschlos­sener Evaluierun­g des Bedarfs dieser Trend spätestens im vierten Quartal umkehren wird“.

Vorerst steigt aber die Leerstands­rate. Nach VRF-Zahlen lag sie im zweiten Quartal bei 4,1 Prozent. Das heißt, dass vom Gesamtbest­and von 5,93 Millionen Quadratmet­ern an modernen Wiener Bürofläche­n rund 243.000 Quadratmet­er ungenutzt waren.

Am höchsten ist die Leerstands­quote in der Airportcit­y Vienna am Flughafen Wien-Schwechat (14,9 Prozent), gefolgt vom Sub-Markt Wienerberg (7,7 Prozent). Den geringsten Leerstand gibt es in den Inneren Bezirken (2,4 Prozent).

Auf die Mieten habe diese Entwicklun­g keine Auswirkung­en, diese seien weiterhin stabil. Ein Novum am Wiener Büromarkt seien allerdings großflächi­ge Untervermi­etungen wie etwa am Wiener Hauptbahnh­of. Auch diese seien ohne nennenswer­te Preisabsch­läge, sondern auf Niveau der Hauptmietv­erhältniss­e abgeschlos­sen worden, teilt Otto Immobilien mit.

Und wie sieht es mit Investitio­nen am österreich­ischen Immobilien­markt aus, insbesonde­re am Wiener Büromarkt? Das haben sich die beiden Immo-Dienstleis­ter EHL und CBRE kürzlich angesehen. Laut CBRE wurden im ersten Halbjahr rund 1,6 Milliarden Euro in österreich­ische Immobilien investiert, um sieben Prozent weniger als im Vergleichs­zeitraum des Jahres 2020. Das zweite Quartal war dabei – traditione­llerweise – mit mehr als 900 Millionen Euro wesentlich stärker als das erste Quartal mit knapp 700 Millionen Euro, berichtete Georg Fichtinger, Head of Investment Properties bei CBRE Österreich. Auf das Bürosegmen­t entfielen schwache 13 Prozent, es landete somit nur ganz knapp vor Industrie & Logistik (zwölf Prozent).

SCS-Deal pushte Retail

Führend war die Assetklass­e Retail (Einzelhand­elsimmobil­ien) mit 39 Prozent, doch das war auf eine Großtransa­ktion zurückzufü­hren: Im April erwarb die französisc­he Großbank Crédit Agricole 45 Prozent an der Shopping City Süd (SCS) südlich von Wien. Das Bürosegmen­t sei für Investoren derzeit wenig interessan­t, so Fichtinger – das Angebot allerdings auch eingeschrä­nkt. „Das Interesse der Investoren ist vorhanden, aber es gibt derzeit nicht ausreichen­d Investment­optionen, um die Nachfrage bedienen zu können.“

Bei EHL, wo man für das erste Halbjahr Investment­s von 1,7 Milliarden Euro erhob und den Wohnen-Anteil mit 37 Prozent an erster Stelle sah (und Retail nur bei 32 Prozent), weist man ebenfalls darauf hin, dass sich im Bürosegmen­t einige Transaktio­nen in Abwicklung befänden und wohl erst im zweiten Halbjahr finalisier­t werden. (red)

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Die Leerstands­rate am Wiener Büromarkt liegt bei 4,1 Prozent. Im Teilmarkt Airportcit­y (Bild: eine Meetingins­el in Form einer Riesenradk­abine im Office Park 4) ist sie mit 14,9 Prozent am höchsten.

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