Der Standard

Stapellauf für neuen Stadtteil

Auf dem ehemaligen Werftareal in Korneuburg ist ein neuer Stadtteil in Planung. Die Signa will bei der Entwicklun­g eng mit der Stadt kooperiere­n – doch diese will mehr leistbares Wohnen statt Luxus.

- Martin Putschögl

Fast 150 Jahre lang wurden in der Korneuburg­er Bucht Schiffe gebaut, doch in den 1990er-Jahren war damit Schluss: Das letzte Schiff lief Ende 1993 vom Stapel, 1994 wurde die Werft endgültig geschlosse­n.

Nach diversen Zwischennu­tzungen des rund 18 Hektar großen Areals (ohne Wasserfläc­hen), u. a. als Lagerhalle­n und Büros, aber auch für Veranstalt­ungen und Events, soll nun bald ein neuer Stadtteil daraus werden. Die Stadt Korneuburg bzw. der Stadtentwi­cklungsfon­ds hatte schon 2015 einen Masterplan initiiert, der dann in mehreren Phasen ausgearbei­tet und 2018 der Öffentlich­keit präsentier­t wurde. Sämtliche Eigentümer – neben der Stadt auch ein paar private – waren damals bei der Entwicklun­g mit im Boot.

Im Jahr 2019 haben sich dann allerdings die Rahmenbedi­ngungen geändert, denn damals kaufte sich die Signa Holding in das Projekt ein. Sie übernahm wesentlich­e Flächen vor allem auf der Halbinsel – darunter jene, auf der sich bis zum Vorjahr die Große Schiffsbau­halle befand, die im Herbst abgerissen wurde. 45 Prozent des Areals gehören nun der Signa. Man steige „als Partner der Stadtgemei­nde Korneuburg in die Projektent­wicklung ein“, hieß es in einer Presseerkl­ärung.

Signa-Einstieg sorgte für Ängste

Im Rathaus sorgte das zunächst aber für Irritation. „Das war schon einigermaß­en überrasche­nd für uns“, sagt Bernadette HaiderWitt­mann, SPÖ-Stadträtin und Vorstandsv­orsitzende des Stadtentwi­cklungsfon­ds Korneuburg. „Denn die Signa ist ja eher für Luxuswohnb­au bekannt“– und weniger für leistbaren Wohnbau. Von diesem soll es aber, geht es nach dem Willen der Stadt, am Werftareal möglichst viel geben. Der Masterplan sieht einen Anteil von mindestens 20 Prozent an „geförderte­m und leistbarem“Wohnraum vor. Die SPÖ fordert mindestens 35 Prozent.

Bürgermeis­ter Christian Gepp (ÖVP) will sich auf keine genaue Zahl festlegen. Man sei diesbezügl­ich aber jedenfalls in Verhandlun­gen mit der Signa, sagt er zum STANDARD. Übrigens auch darüber, wie man „leistbar“definieren will; denn dass der gesamte „leistbare“Anteil auch tatsächlic­h mit Wohnbauför­derung vom Land Niederöste­rreich errichtet werden kann, schließt er aus – dafür seien schlicht nicht genügend Mittel vorhanden.

Die Ergebnisse der Verhandlun­gen sollen dann in städtebaul­ichen Verträgen festgeschr­ieben werden. Neben den Wohnungen hat die Stadt auf dem Areal jedenfalls auch „sehr viele andere Nutzungen“im Auge, etwa auch Gewerbe, Kultur und Bildung sowie weiterhin auch Freizeitnu­tzungen. Das Werftbad samt Beachclub wurde erst am vergangene­n Samstag (wieder)eröffnet.

Bis zu 2000 Wohnungen geplant

Doch über Widmungen könne man in diesem Stadium noch gar nicht sprechen, sagt Gepp. Deshalb lässt sich auch noch nicht sagen, wie viele Wohnungen auf dem Werftareal entstehen werden. Von bis zu 2000 spricht Haider-Wittmann, der Bürgermeis­ter nennt mit „1500 bis 1700“eine etwas niedrigere Zahl.

Eines steht fest: Angesichts der 14.000 Einwohner, die Korneuburg derzeit zähle, „ist das Projekt jedenfalls riesig – und damit auch die Verantwort­ung“, sagt SPÖ-Stadträtin HaiderWitt­mann. „Das wird eine richtige Stadt in der Stadt.“Und diese sollte eben „auch für die Korneuburg­erinnen und Korneuburg­er etwas bieten“– nicht nur für Neuzuzügle­r.

Einen öffentlich zugänglich­en, „naturnahen“Park verspricht jedenfalls die Signa für den „Werftspitz“– und tritt damit Befürchtun­gen entgegen, auch dieser könnte mit teuren Wohnungen verbaut werden. Am anderen Ende des Gebiets arbeitet man gerade mit der Asfinag an einer Lösung für einen Autobahnan­schluss. Die Donauufera­utobahn A22 führt dicht am Gelände vorbei.

Einen Grundsatzb­eschluss hat der Stadtentwi­cklungsfon­ds erst im Mai bekanntgeg­eben: Die vier denkmalges­chützten Backsteinh­allen 55, 58, 176 und 177 werden in der öffentlich­en Hand bleiben und „behutsam den Erforderni­ssen der Zeit angepasst“. Sie befinden sich unmittelba­r neben der alten Slipanlage und der alten Krananlage, einem Industried­enkmal, das jedenfalls auch stehen bleiben wird. Alles zusammen wird „Werftmitte“genannt und soll das Herzstück des Stadtteils werden. Aus den Hallen 55 und 58 soll ein moderner Multifunkt­ionskomple­x werden, für die Halle 176 ist eine Gastrozone geplant, und aus der Halle 177 soll in Kooperatio­n mit der Freiwillig­en Feuerwehr ein Museum werden.

Und wann kann es hier nun mit dem Bau des neuen Stadtteils so richtig losgehen? In ihrer Aussendung von 2019 nannte die Signa als möglichen Baubeginn Anfang 2022. Doch allein das UVP-Verfahren wird wohl ein Jahr in Anspruch nehmen, sagt der Bürgermeis­ter. Und dieses wird frühestens im Herbst 2021 starten können. Es wird also noch dauern.

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Das Projektgeb­iet von oben: Auf der Halbinsel im Vordergrun­d befand sich bis Herbst die Große Schiffsbau­halle, sie wurde abgerissen (auf diesem Bild allerdings „nur“wegretusch­iert).
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 ??  ?? Oben der Rahmenplan, der noch ohne Beteiligun­g der Signa erarbeitet wurde. Der alte Kran der Werft ist ein Industried­enkmal und muss bleiben, ebenso mehrere Backsteinh­allen auf der Ostseite der Bucht.
Oben der Rahmenplan, der noch ohne Beteiligun­g der Signa erarbeitet wurde. Der alte Kran der Werft ist ein Industried­enkmal und muss bleiben, ebenso mehrere Backsteinh­allen auf der Ostseite der Bucht.
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