Übergeordnetes Interesse Rasen
Vor einiger Zeit wurde in der Landstraßer Hauptstraße in Wien ein Scooter-fahrendes Kind von einem rechtsabbiegenden Lkw getötet. Sofort wurde über die verpflichtende Einführung von Abbiegeassistenten für Lkw debattiert. Ein anderer Gedanke kam gar nicht erst auf.
Eine in ihrer Wirkung fragwürdige technische Lösung überblendet die Diskussion, die wirklich notwendig wäre: kein Wort darüber, dass die gesamte Landstraßer Hauptstraße einen verkehrsorganisatorischen Sanierungsfall darstellt. Dass im gesamten Straßenzug die Vermischung unterschiedlicher Verkehrsteilnehmer extrem und die Wahrscheinlichkeit, dass wieder ein erschütternder Unfall passiert, ungewöhnlich hoch ist. Wie die nächste Katastrophe aussehen wird und mit welcher technischen Lösung ihr zu begegnen gewesen wäre, wissen wir jetzt noch nicht. Die logische vorbeugende Möglichkeit wird systematisch ausgeblendet: Tempo 30 km/h.
Niemand würde mit dem Auto nur eine Sekunde länger benötigen, um von der Schlachthausgasse bis Wien Mitte zu kommen. Alle wären sicherer und komfortabler unterwegs, müssten nicht jedes Mal vorzugsweise von Vollgas gebenden Autobahngeländewagen bedroht im Sprint die Straße überqueren.
Bis auf vereinzelte notorische „Verteidiger der persönlichen Freiheit“sehen das fast alle so und würden Tempo 30 hier auch begrüßen. Geht aber nicht. Die Gesetzeslage erlaubt es nicht, denn die Landstraßer Hauptstraße ist als Hauptstraße A klassifiziert (aus übergeordnetem Interesse). Da ist 50 km/h Pflicht. Und basta. (rs)