Barzahlungen bald mit 10.000 Euro limitiert
Die EU-Kommission zieht zur Geldwäschebekämpfung ein Limit ein
Wien – Die EU-Kommission hat am Dienstag ein neues Antigeldwäschepaket vorgestellt. Darin verpackt ist die Limitierung von Barzahlungen bei 10.000 Euro. Diese Maßnahme ist in Österreich unbeliebt, laut einer Umfrage des Finanzministeriums sehen dies acht von zehn Befragten sehr kritisch. Im Vorfeld hatte sich auch Finanzminister Gernot Blümel ablehnend gezeigt, aber keine konkreten Hoffnungen geschürt, dass sich die Obergrenze abwenden lässt.
Zudem will die Kommission eine eigene EU-Antigeldwäschebehörde aufbauen und den gesamten Kryptobereich
den Geldwäscheregelungen unterwerfen. „Geldwäsche stellt eine eindeutige und gegenwärtige Bedrohung der Bürger, der Institutionen und des Finanzsystems dar“, erklärte die zuständige Kommissarin Mairead McGuinness. (red)
Der Plan der EU-Kommission, Barzahlungen in Europa bei 10.000 Euro zu deckeln, hat schon vor seiner offiziellen Verkündung hohe Wellen geschlagen. Besonders in Deutschland und Österreich gingen die Wogen hoch, auf einer ritt vergangene Woche auch ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel. In einer Pressekonferenz stellte er sich gegen das Vorhaben und holte sich Rückendeckung durch eine eigens beauftragte Umfrage. Das wenig erstaunliche Ergebnis: Österreicher lieben Bargeld, die Älteren mehr als Junge.
„Wir lehnen eine generelle Obergrenze und damit eine De-facto-Kriminalisierung von Bargeld ab“, zeigte sich Blümel entschlossen. Bares gebe den Menschen ein Gefühl von Sicherheit, Unabhängigkeit und Freiheit. „Diese Freiheit wollen wir den Menschen bewahren.“Allein dass Türkis-Grün im Regierungsprogramm ein Schlupfloch für ein Bargeldlimit geschaffen hat, ließ der Finanzminister unerwähnt. Darin findet sich zwar ein Bekenntnis zum Erhalt von Barem, allerdings nur im Rahmen geltender Geldwäscheregeln. Und genau diesen Weg schlägt die Kommission nun ein.
Des Weiteren wird nach den Plänen der Kommission zur Unterstützung und Koordination der nationalen Behörden eine eigene Antigeldwäschebehörde entstehen, die im Jahr 2024 die Tätigkeit aufnehmen soll. Zudem soll künftig der gesamte Sektor von Krypto-Vermögenswerten wie Bitcoin den Antigeldwäschebestimmungen unterliegen, um die Nachverfolgbarkeit der Bewegungen zu erhöhen.
„Geldwäsche stellt eine eindeutige und gegenwärtige Bedrohung der Bürger, der demokratischen Institutionen und des Finanzsystems dar“, erklärt Mairead McGuinness, EUKommissarin für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und Kapitalmarktunion. Das Problem dürfe nicht unterschätzt und Schlupflöcher für Kriminelle müssten geschlossen werden.
Zweifel an Maßnahme
An der Wirksamkeit eines Bargeldlimits gegen Geldwäsche bestehen Zweifel. Einerseits ist ein immer größerer Teil der Kriminalität in den virtuellen Raum gewandert, wo man mit Barzahlungen nicht weit kommt. Zudem lassen sich auch über viele kleine Beträge größere Summen an Schwarzgeld wieder in den regulären Wirtschaftskreislauf integrieren.
Tatsache ist allerdings, dass die Erzeugung, Bereitstellung und Verwahrung von Bargeld verglichen mit elektronischen Zahlungen sehr teuer und zudem in der Handhabung im Alltag umständlicher und zeitraubender ist. Nicht erhärtet haben sich jedoch ursprüngliche Annahmen, wonach Bargeld auch die Verbreitung von Coronaviren begünstige, wie entsprechende Untersuchungen der EZB zeigten.
Warum sind Österreicher bei Einschränkungen von Bargeld so empfindlich? Schließlich werden im Alltag kaum Geschäfte über mehr als 10.000 Euro bar getätigt, wenn man vom Gebrauchtwagenmarkt absieht – aber der ist auch in EU-Ländern mit bereits bestehenden Bargeldlimits nicht zusammengebrochen. Vielmehr geht es ums Prinzip: Bargeld ist völlig anonym und wird mit Freiheit assoziiert. Beschränkungen werden daher auch als Einschränkung der persönlichen Freiheit wahrgenommen.
Dies kam zuletzt immer wieder vor. Nachdem die EZB die Produktion der größten Banknote, des 500Euro-Scheins, schon vor Jahren eingestellt hatte, rückten die kleinsten Kupfermünzen in den Fokus. Vergangene Woche gab die Notenbank zudem bekannt, einen sogenannten E-Euro zu testen, also eine digitale Alternative zu Barem zu schaffen.
Auch wenn die EZB beteuert, dass dies nur eine Ergänzung sei, nährt es viele Bedenken, da der EEuro nicht gänzlich anonym wäre. Zwar betont die Kommission, dass sie Bargeld nicht abschaffen wolle, dennoch vermittelt die Obergrenze das Gefühl, das es um die Zukunft der völlig anonymen Münzen und Geldscheine in der EU nicht so gut bestellt sein könnte.
Am Wählerwillen in Österreich zielt der Plan der Kommission jedenfalls vorbei. Laut der Umfrage des Finanzministeriums sehen 80 Prozent der Befragten eine Grenze für Barzahlungen sehr und weitere zwölf Prozent eher skeptisch. Blümel kündigte zwar an, die kritische Haltung Österreichs in Brüssel zum Ausdruck bringen zu wollen – konkrete Hoffnung dafür, dass sich die Obergrenze abwenden lässt, machte er aber nicht. Wenn es eine qualifizierte Mehrheit dafür gebe, sei dies zu akzeptieren. Kommentar S. 28