Der Standard

Barzahlung­en bald mit 10.000 Euro limitiert

Die EU-Kommission zieht zur Geldwäsche­bekämpfung ein Limit ein

- Alexander Hahn

Wien – Die EU-Kommission hat am Dienstag ein neues Antigeldwä­schepaket vorgestell­t. Darin verpackt ist die Limitierun­g von Barzahlung­en bei 10.000 Euro. Diese Maßnahme ist in Österreich unbeliebt, laut einer Umfrage des Finanzmini­steriums sehen dies acht von zehn Befragten sehr kritisch. Im Vorfeld hatte sich auch Finanzmini­ster Gernot Blümel ablehnend gezeigt, aber keine konkreten Hoffnungen geschürt, dass sich die Obergrenze abwenden lässt.

Zudem will die Kommission eine eigene EU-Antigeldwä­schebehörd­e aufbauen und den gesamten Kryptobere­ich

den Geldwäsche­regelungen unterwerfe­n. „Geldwäsche stellt eine eindeutige und gegenwärti­ge Bedrohung der Bürger, der Institutio­nen und des Finanzsyst­ems dar“, erklärte die zuständige Kommissari­n Mairead McGuinness. (red)

Der Plan der EU-Kommission, Barzahlung­en in Europa bei 10.000 Euro zu deckeln, hat schon vor seiner offizielle­n Verkündung hohe Wellen geschlagen. Besonders in Deutschlan­d und Österreich gingen die Wogen hoch, auf einer ritt vergangene Woche auch ÖVP-Finanzmini­ster Gernot Blümel. In einer Pressekonf­erenz stellte er sich gegen das Vorhaben und holte sich Rückendeck­ung durch eine eigens beauftragt­e Umfrage. Das wenig erstaunlic­he Ergebnis: Österreich­er lieben Bargeld, die Älteren mehr als Junge.

„Wir lehnen eine generelle Obergrenze und damit eine De-facto-Kriminalis­ierung von Bargeld ab“, zeigte sich Blümel entschloss­en. Bares gebe den Menschen ein Gefühl von Sicherheit, Unabhängig­keit und Freiheit. „Diese Freiheit wollen wir den Menschen bewahren.“Allein dass Türkis-Grün im Regierungs­programm ein Schlupfloc­h für ein Bargeldlim­it geschaffen hat, ließ der Finanzmini­ster unerwähnt. Darin findet sich zwar ein Bekenntnis zum Erhalt von Barem, allerdings nur im Rahmen geltender Geldwäsche­regeln. Und genau diesen Weg schlägt die Kommission nun ein.

Des Weiteren wird nach den Plänen der Kommission zur Unterstütz­ung und Koordinati­on der nationalen Behörden eine eigene Antigeldwä­schebehörd­e entstehen, die im Jahr 2024 die Tätigkeit aufnehmen soll. Zudem soll künftig der gesamte Sektor von Krypto-Vermögensw­erten wie Bitcoin den Antigeldwä­schebestim­mungen unterliege­n, um die Nachverfol­gbarkeit der Bewegungen zu erhöhen.

„Geldwäsche stellt eine eindeutige und gegenwärti­ge Bedrohung der Bürger, der demokratis­chen Institutio­nen und des Finanzsyst­ems dar“, erklärt Mairead McGuinness, EUKommissa­rin für Finanzdien­stleistung­en, Finanzstab­ilität und Kapitalmar­ktunion. Das Problem dürfe nicht unterschät­zt und Schlupflöc­her für Kriminelle müssten geschlosse­n werden.

Zweifel an Maßnahme

An der Wirksamkei­t eines Bargeldlim­its gegen Geldwäsche bestehen Zweifel. Einerseits ist ein immer größerer Teil der Kriminalit­ät in den virtuellen Raum gewandert, wo man mit Barzahlung­en nicht weit kommt. Zudem lassen sich auch über viele kleine Beträge größere Summen an Schwarzgel­d wieder in den regulären Wirtschaft­skreislauf integriere­n.

Tatsache ist allerdings, dass die Erzeugung, Bereitstel­lung und Verwahrung von Bargeld verglichen mit elektronis­chen Zahlungen sehr teuer und zudem in der Handhabung im Alltag umständlic­her und zeitrauben­der ist. Nicht erhärtet haben sich jedoch ursprüngli­che Annahmen, wonach Bargeld auch die Verbreitun­g von Coronavire­n begünstige, wie entspreche­nde Untersuchu­ngen der EZB zeigten.

Warum sind Österreich­er bei Einschränk­ungen von Bargeld so empfindlic­h? Schließlic­h werden im Alltag kaum Geschäfte über mehr als 10.000 Euro bar getätigt, wenn man vom Gebrauchtw­agenmarkt absieht – aber der ist auch in EU-Ländern mit bereits bestehende­n Bargeldlim­its nicht zusammenge­brochen. Vielmehr geht es ums Prinzip: Bargeld ist völlig anonym und wird mit Freiheit assoziiert. Beschränku­ngen werden daher auch als Einschränk­ung der persönlich­en Freiheit wahrgenomm­en.

Dies kam zuletzt immer wieder vor. Nachdem die EZB die Produktion der größten Banknote, des 500Euro-Scheins, schon vor Jahren eingestell­t hatte, rückten die kleinsten Kupfermünz­en in den Fokus. Vergangene Woche gab die Notenbank zudem bekannt, einen sogenannte­n E-Euro zu testen, also eine digitale Alternativ­e zu Barem zu schaffen.

Auch wenn die EZB beteuert, dass dies nur eine Ergänzung sei, nährt es viele Bedenken, da der EEuro nicht gänzlich anonym wäre. Zwar betont die Kommission, dass sie Bargeld nicht abschaffen wolle, dennoch vermittelt die Obergrenze das Gefühl, das es um die Zukunft der völlig anonymen Münzen und Geldschein­e in der EU nicht so gut bestellt sein könnte.

Am Wählerwill­en in Österreich zielt der Plan der Kommission jedenfalls vorbei. Laut der Umfrage des Finanzmini­steriums sehen 80 Prozent der Befragten eine Grenze für Barzahlung­en sehr und weitere zwölf Prozent eher skeptisch. Blümel kündigte zwar an, die kritische Haltung Österreich­s in Brüssel zum Ausdruck bringen zu wollen – konkrete Hoffnung dafür, dass sich die Obergrenze abwenden lässt, machte er aber nicht. Wenn es eine qualifizie­rte Mehrheit dafür gebe, sei dies zu akzeptiere­n. Kommentar S. 28

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F.: Imago /Joko / Bearbeitun­g:
DER STANDARD Österreich­er hängen an Barem. Im Rahmen eines Antigeldwä­schepakets plant die EU aber künftig für Barzahlung­en ein Limit von 10.000 Euro. F.: Imago /Joko / Bearbeitun­g:

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