Türkis-grüner Zündstoff im Ländle
Ein am Montag eingebrachter Entschließungsantrag zur Verkehrssituation im Vorarlberger Rheintal sorgt für Verstimmungen zwischen der Ländle-ÖVP und den Türkisen im Bund.
In Vorarlberg ist die Aufregung nach wie vor spürbar: Am Montag wurde im Nationalrat ein von türkisen und grünen Abgeordneten eingebrachter Entschließungsantrag – auch mit Stimmen von SPÖ und Neos – angenommen, in dem Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) aufgefordert wird, im Rahmen der von ihr angekündigten Evaluierung des Straßenbauprogramms der Asfinag die geplante Schnellstraße S18 genau unter die Lupe zu nehmen. Sie soll „eine möglichst rasche Lösung für die vom Lkw-Transitverkehr betroffenen Ortsdurchfahrten“im Rheintal finden.
Daran ist zunächst nichts Besonderes. Die Evaluierung der Bauprojekte ist bereits im Koalitionsprogramm festgeschrieben. Allerdings ist eine neuerliche Evaluierung der Schnellstraßenpläne für die Vorarlberger ÖVP „wenig sinnvoll“, wie es Wirtschaftslandesrat Marko Tittler nach der Abstimmung beschrieb. Die Türkisen im Ländle wollen das Milliardenprojekt – die Asfinag rechnet mit Kosten von 1,5 Milliarden Euro für die S18 – in der Umsetzung wissen. Denn die Planung der Verbindungsstraße zwischen der schweizerischen Autobahn N13 und der Rheintalautobahn A14 in Vorarlberg dauert bereits Jahrzehnte. Das Naturschutzgebiet, das zwischen den beiden Autobahnen liegt, macht die S18 von jeher zum Politikum.
Grüne: Kein Tauschhandel
Die beiden Vorarlberger Nationalratsabgeordneten der ÖVP stimmten dem gemeinsam eingebrachten Antrag daher nur unwillig zu. Dieser sei der ÖVP von den Grünen „regelrecht abgenötigt“worden, sagte Karlheinz Kopf dazu auf Anfrage der
Vorarlberger Nachrichten. Die ÖVP habe im Gegenzug beim Misstrauensantrag gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) auf die Stimmen der Grünen zählen können. Auch einer Verlängerung des IbizaUntersuchungsausschusses stimmten die Juniorpartner in der Koalition bekanntlich nicht zu.
Die Grünen bestreiten einen politischen Tauschhandel in diesem Fall. Dass die Straßenbauprojekte evaluiert werden, stehe ja im Koalitionsprogramm. Und außerdem habe Gewessler bereits im Dezember in einer parlamentarischen Anfrage die geplanten Evaluierungen angekündigt. Dass die S18 jetzt noch einmal prominent in einem Antrag erwähnt werde, könne man aber „quasi als Erinnerung an die gemeinsamen Ziele“sehen, meint ein Grüner süffisant.
Nötig gemacht haben könnte diese Erinnerung das Verhalten der ÖVP-Bundesrätin aus Vorarlberg. Christine Schwarz-Fuchs stimmte vergangene Woche nämlich einem Oppositionsantrag zum Evaluierungsstopp der Asfinag-Projekte zu – und sorgte mit ihrer Stimme für die Mehrheit. Allerdings handelt es sich auch hier um eine Aufforderung an Gewessler, die nicht rechtlich bindend ist. Trotzdem: Dass die Grünen die S18 aufs Tapet brachten, könne man durchaus als „Retourkutsche“für Schwarz-Fuchs’ Verhalten sehen, meint ÖVP-Abgeordneter Kopf.
Für Aufhorchen hat im Ländle aber auch gesorgt, dass es in dem im Nationalrat beschlossenen Antrag nicht nur um das S18-Projekt geht, sondern um zeitnahe Lösungen für die stark vom Lkw-Transitverkehr betroffenen Gemeinden im Rheintal.
Denn mit einer Fertigstellung der S18 wäre frühestens in 20 Jahren zu rechnen. Eine nun vorliegende neue Machbarkeitsstudie aus der Schweiz liefere nun eine neue Möglichkeit für eine Tunnelverbindung, heißt es in dem Antrag. Für Landesrat Tittler wäre diese Lösung aber „zu keinem Zeitpunkt“ein S18-Ersatz.
Bürgermeister skeptisch
Kurt Fischer, ÖVP-Bürgermeister in Lustenau – jener Gemeinde, die besonders stark vom Transitverkehr betroffen ist und die auch bei der derzeitigen S18-Planung hauptsächlich betroffene Gemeinde wäre – ist ob der Evaluierung „gespannt.“Schutzmaßnahmen hätte man aber schon längst treffen können, sagt er. Stattdessen habe die Mautbefreiung auf einem A14-Teilstück für noch mehr „sinnlosen Verkehr“gesorgt.
Guter Stimmung ist hingegen Daniel Zadra, neuer grüner Landesparteiobmann und ebenfalls Lustenauer. Die Schweizer Vorarbeiten seien substanziell, es gelte nun, alle Hebel in Bewegung zu setzen.