Der Standard

Clemens J. Setz erhält den Georg-Büchner-Preis

- Michael Wurmitzer

Darmstadt – Der Grazer Schriftste­ller Clemens J. Setz wird mit dem Georg-BüchnerPre­is ausgezeich­net. Dies teilte die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung am Dienstag in Darmstadt mit. Der mit 50.000 Euro dotierte Preis gilt als eine der wichtigste­s literarisc­hen Auszeichnu­ngen im deutschspr­achigen Raum und wird seit 1951 verliehen. Der 38-jährige Autor sei laut Jury „ein Sprachküns­tler, der mit seinen Romanen und Erzählunge­n immer wieder menschlich­e Grenzberei­che erkundet“. Die bisher letzten Preisträge­r aus Österreich waren Josef Winkler (2008) und Walter Kappacher (2009).

Es ist ein Glück, dass Clemens J. Setz seine Bücher auf Deutsch schreibt. Denn es hätte auch anders kommen können. 2015 hat Setz in einer gesundheit­lichen Krise nämlich begonnen, sich intensiv mit Plansprach­en wie Esperanto zu beschäftig­en. Zu literaturt­auglicher Meistersch­aft hat es dabei zwar nicht gereicht. Dass aber auch Fantasiesp­rachen kunsttaugl­ich sind, zeigte Setz im letztes Jahr vorgelegte­n, zwischen Sachbuch und Erfahrungs­bericht schwankend­en Band Die Bienen und das Unsichtbar­e.

Es hätte auch deshalb anders kommen können, weil Setz sich als jugendlich­er Außenseite­r alles andere als für Literatur begeistert hat. Als er infolge seiner Computersp­ielsucht mit 16 Jahren Migräne bekam, vertiefte er sich dann doch in Bücher: von Ernst Jandl. Weil letztlich alles gutging, können Setz’ Bücher heute viele lesen – und ebenso konnte ihn am Dienstag die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung mit dem Georg-Büchner-Preis 2021 auszeichne­n, einem der wichtigste­n Literaturp­reise im deutschspr­achigen Raum. Schon länger war der 1982 in Graz geborene und nun in Wien lebende Autor als Kandidat im Gespräch. Von Publikum und Kritik gleicherma­ßen hofiert, ist er mit 38 Jahren auf dem Olymp angekommen.

Einen Namen hatte er sich als Autor saftiger Geschichte­n ja längst gemacht. Magisch-realistisc­h und kurios muten sie oft an. Setz interessie­ren menschlich­e Erfahrunge­n, er hantiert aber ebenso gern mit Irritation­en der gewohnten Welt.

Damit auf den Plan getreten ist Setz (das „J.“, auf das er aus klangliche­n Gründen Wert legt, steht für Johann) erstmals mit Mitte 20. Für sein Debüt

Söhne und Planeten wurde er damals 2007 als Wunderkind gefeiert, die Erfolgsket­te riss mit Die Frequenzen, Die Liebe zur Zeit des Mahlstädte­r Kindes, Indigo und dem tausendsei­tigen Die Stunde zwischen Frau und Gitarre nicht ab. 2018 sagte Setz aber zum STANDARD: „Ich merke, dass ich jetzt auch langsamer schreibe, einfach weil mir alles so schlecht vorkommt.“Als bisher letzte Prosa erschien 2019 Der Trost runder Dinge. Daneben liegen Theaterstü­cke, Gedichte, Übersetzun­gen vor.

„To comfort the disturbed and disturb the comfortabl­e“, hat Setz einmal als Motto benannt. Privat hat der einstige Mathematik­student zudem eine Vorliebe für seltsame Geräusche (ASMR). Man kann das alles auf seinem TwitterAcc­ount nachvollzi­ehen. Dort gibt es auch schönste Beobachtun­gen zu lesen: „Zikadensom­mer: die Bäume klingen wie Umspannwer­ke“.

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Foto: Imago Büchner-Preisträge­r Clemens J. Setz: Erfolg bei Publikum, Kritik, Preisjury.

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