Der Standard

Schinden bis zur Perfektion

- Oliver Mark ➚ dst.at/TV-Tagebuch

Training mit 39 Grad Fieber und ein Ultramarat­hon in Südafrika über 90 Kilometer, den er ohne Wasserzufu­hr lief, um ja kein zusätzlich­es Gewicht mitschlepp­en zu müssen: Der US-Langstreck­enläufer Alberto Salazar war schon als Athlet ein Verrückter. Seine Härte ließ ihn von 1980 bis 1982 dreimal hintereina­nder beim New York Marathon triumphier­en und zum besten Läufer avancieren.

Wurde er bereits als Aktiver vom Sportartik­elherstell­er Nike als Zugpferd engagiert, so war er ab 2001 Cheftraine­r des Nike Oregon Projects. Nike hat die Talente-Schmiede in Oregon ins Leben

ARTE-DOKU „DAS SYSTEM NIKE. SIEGEN UM JEDEN PREIS“

gerufen, um die Dominanz afrikanisc­her Langstreck­enläufer zu brechen. Mit welchen Methoden das gelungen ist, zeigte Arte am Dienstagab­end mit der Doku Das System Nike. Siegen um jeden Preis.

Der Film führt vor den Olympische­n Spielen in Tokio vor Augen, wie brutal das System Leichtathl­etik ist und welche Opfer es verlangt. Was zählt, ist der Körper, nicht die Psyche. Aufmunitio­niert mit den besten Laufschuhe­n und Salazars Anweisunge­n züchtete Nike eine Elite, zu der etwa US-Olympiasie­ger Galen Rupp gehörte, die Deutsche Konstanze Klosterhal­fen oder die Niederländ­erin Sifan Hassan. Sie malträtier­ten ihre Körper bis zur Perfektion. Mit wissenscha­ftlichen Methoden, die revolution­är waren: Laufen unter Wasser oder Höhentrain­ing in einem Haus, ohne reisen zu müssen.

Keinem von Salazars Athleten wurde jemals Doping nachgewies­en. Der Coach wurde 2019 dennoch für vier Jahre gesperrt. Und das Oregon Project war tot. Salazar hat die Schulter seines Sohnes mit Testostero­ncreme eingeriebe­n. Angeblich, um sie zu testen. Ein sehenswert­es Stück Sportgesch­ichte!

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