Der engere Sinn des ORF: Niko Alm überlegt Generalsbewerbung
Der Medienunternehmer hat ein Konzept für den ORF, fokussiert auf Information und Wissen, aber ohne Werbung
Wien – Niko Alm überlegt noch, ob er eine Bewerbung für die ORF-Führung abgibt. Sicher ist der Medienunternehmer und Aktivist in seinem Befund über den Bewerbungsprozess als „unwürdiges politisches Schauspiel“und den aus seiner Sicht dringend nötigen Umbau der „überdimensionierten Infrastruktur“ORF zu einem vor allem auf Information, Wissen und Diskurs fokussierten Public-Value-Medienhaus.
Neuer Kernauftrag
Was im Bewerbungskonzept des ehemaligen Vice-Herausgebers und -Managers, Neos-Mediensprechers und Addendum-Geschäftsführers für den ORF stehen könnte, hat Alm gerade für einen ausführlichen Blogpost aufgeschrieben.
Der Kern seiner Überlegungen über den Sinn von öffentlich-rechtlichem Rundfunk im Jahr 2021: „Public Value im engeren Sinn bedeutet nichts anderes, als zu jeder Zeit die informationellen Grundlagen des demokratischen, politischen und gesellschaftlichen Diskurses bereitzustellen und als Medienbetrieb die Rolle als kontrollierende vierte Macht im Staat wahrzunehmen.“Das bedeutet für Alm: „Alles, was darüber hinausgeht, ist zunächst einmal Surplus, das deswegen nicht unnötig ist, aber jedenfalls diskutabel.“
Daraus leitet der Medienmanager ab, was der
ORF künftig sein und tun sollte – und was eben aus seiner Sicht nicht mehr:
■ Außerhalb des Auftrags „Jedenfalls außerhalb der Sphäre an Public Value, die der ORF in seinem Kernauftrag liefern soll, befinden sich zugekaufte Serien, Filme oder Sportrechte. Diese können von privaten Marktbegleitern abgedeckt werden, wenn die freien Kräfte des Marktes das ökonomisch erlauben“, findet Alm. Das ORF-Argument sei obsolet, man brauche etwa massenattraktive Unterhaltung, um Publikum für Information und Wissen anzulocken.
■ Plattform ORF Information, Wissen, Diskurs soll der ORF für eine zentrale digitale Plattform produzieren, die so viele Kanäle wie nötig beliefert – Onlineangebote, Radio- und Fernsehsender und Tiktok und Instagram. Auf Sicht werde der ORF aus wirtschaftlichen Gründen weniger klassische Sender bespielen, als das Gesetz heute vorsieht. Alm schreibt von „Redimensionierung auf das Notwendige“und Ausbau der Verbreitung über private Kooperationen.
■ GIS als Einkommenssteuer, keine Werbung Für den so fokussierten öffentlichen Kernauftrag soll der ORF weiterhin GIS-Gebühren bekommen, auch bisher von sieben Bundesländern eingehobene Abgaben darauf. Sinnvoller wäre eine Medienabgabe auf das Einkommen statt einer Gebühr für Haushalte.
Werbung – rund 200 Millionen Euro pro Jahr – würde Alm streichen.
■ Landesstudios hinterfragen Der Medienmanager rät zur „Evaluierung“der ORF-Landesstudios und der hauseigenen Produktion.
■ Spielraum und Entpolitisierung
Der ORF und sein General müssten nachdrücklicher auf ein neues Gesetz drängen, das ihm Spielraum in der digitalen Welt verschafft, zugleich eine „faire“Finanzierung über Medienabgabe und neue, entpolitisierte Gremien.
Aber, so Alm: Da die Bestellung allein ein Politikum sei, würden konzeptionelle Überlegungen für „schleichende Modernisierung mit klingenden Überschriften“vollkommen reichen zur Generalswahl. (fid)