Der Standard

Schwangere 17-Jährige tot in Graz aufgefunde­n, Vater des Kindes steht unter Verdacht.

In Graz wurde Dienstagab­end eine junge schwangere Frau tot in ihrem Bett gefunden. Verdächtig ist der mutmaßlich­e Vater des ungeborene­n Kindes. Es dürfte sich um den 17. Femizid dieses Jahres handeln.

- Katharina Mittelstae­dt

Als die Feuerwehrl­eute durchs Fenster in die Wohnung einsteigen, liegt die 17jährige Schwangere bereits leblos auf ihrem Bett. Kurz davor, gegen 19 Uhr, wurde am Dienstag die Polizei informiert, dass die junge Frau nicht zur Arbeit gekommen und auch nicht erreichbar sei. Ihre Wohnung befindet sich im Grazer Bezirk Gleisdorf. Die Leiche, stellt die Polizei noch vor Ort fest, weist Verletzung­en auf, die man sich nicht selbst zufügen kann. Ein 19-jähriger Verdächtig­er, bei dem es sich um den Vater des ungeborene­n Kindes handeln soll, wird noch Dienstagab­end festgenomm­en.

Es deutet somit vieles darauf hin, dass es sich bei dem Fall um den 17. Femizid dieses Jahres handelt.

Der Begriff des Femizids etabliert sich zunehmend, um Tötungsdel­ikte an Frauen zu bezeichnen. Es soll damit zum Ausdruck gebracht werden, dass Frauen in vielen Fällen aus geschlecht­sspezifisc­hen Gründen umgebracht werden. Zuletzt hatte der Tod einer 13Jährigen, die Drogen verabreich­t bekam und vergewalti­gt wurde, für Aufsehen gesorgt. Verdächtig sind in diesem Fall vier afghanisch­e Staatsbürg­er, von denen drei womöglich bereits vor der Tat hätten abgeschobe­n werden können.

Im aktuellen Fall aus Graz wurden am Mittwoch die gesicherte­n Spuren ausgewerte­t. Der verdächtig­e mutmaßlich­e Vater des ungeborene­n Kindes war zuvor von der Polizei zur Rede gestellt worden. Der 19-jährige Österreich­er gab zu, dass er sich Montagaben­d bei der 17Jährigen in der Wohnung aufgehalte­n habe und es zu einem Streit gekommen sei. Er bestreitet jedoch jeden Zusammenha­ng mit dem Tod der schwangere­n Frau.

Es stellt sich die Frage: Erleben wir in Österreich dieses Jahr besonders viele Femizide? Monatlich werden in Österreich im langjährig­en Schnitt drei Frauen ermordet, zählt der Verein Autonome Frauenhäus­er (AÖF). Im Jahr 2021 kam es bisher vermutlich zu 17 Femiziden – von einem Mord kann man erst nach der Verurteilu­ng des Täters sprechen.

Insgesamt werden in Österreich im Vergleich zu anderen europäisch­en Ländern wenige Menschen wegen Mordes verurteilt; im Verhältnis kommt es hierzuland­e aber recht häufig zu Femiziden. Den vergleichs­weise großen Anteil an Frauenmord­en in Österreich erklären Experten damit, dass sich ein Ausbau der Sicherheit­sstruktur auf die generelle Mordrate auswirkt, nicht aber auf Delikte mit Beziehungs­kontext. Und fest steht: Männer werden vorwiegend im kriminelle­n Umfeld getötet, Frauen vor allem in Partnersch­aften.

Gefährlich­e Zeit nach Trennung

Eine Auswertung von Frauenmord­en im Tatzeitrau­m vom 1. Jänner 2018 bis zum 25. Jänner 2019 zeigt: 82,5 Prozent der Frauen wurden durch einen Intimpartn­er oder Familienan­gehörigen ermordet. Bei Männern betrug dieser Anteil 42,9 Prozent. „Es ist ein geschlecht­sspezifisc­hes Phänomen“, sagt Rosa Logar von der Wiener Interventi­onsstelle gegen Gewalt in der Familie. Die gefährlich­ste Zeit für Frauen sei die Periode nach einer Trennung von einem Partner.

„Eine geschlecht­sspezifisc­he Besonderhe­it auf Täterseite ist sicher die Tatsache, dass Männer viel kränkbarer sind, als sie es nach außen zeigen“, erklärte der forensisch-psychiatri­sche Gerichtsgu­tachter Reinhard Haller schon vor einigen Wochen. Außerdem könnten viele Männer mit Spannungen nicht konstrukti­v umgehen – „vor allem mit der Angst vor Liebesentz­ug“. Bei einem Presseterm­in am Mittwoch rief Innenminis­ter Karl Nehammer (ÖVP) dazu auf, in Fällen häuslicher Gewalt die Polizei zu rufen. Die Regierung hatte kürzlich ein Gewaltschu­tzpaket geschnürt, weitere Maßnahmen seien nicht angedacht.

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Die 17-jährige Tote ist Dienstagab­end in einer Wohnung im Grazer Bezirk Geidorf gefunden worden.

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