Der Standard

Quarantäne­regeln für die Schulen werden gelockert

Freitesten schon nach fünf Tagen möglich Vorgabe für Ungeimpfte generell verschärft

- David Krutzler

Wien – Schülerinn­en und Schüler müssen, wenn es Covid-Alarm in der Klasse gibt, nur noch fünf Tage in Quarantäne. Darauf haben sich das Bildungs- und das Gesundheit­sministeri­um am Dienstag geeinigt, bestätigte ein Sprecher von Gesundheit­sminister Wolfgang Mückstein (Grüne) dem STANDARD. Details waren zu Redaktions­schluss noch offen. Das Bildungsmi­nisterium forderte, dass nur noch Sitznachba­rn in Quarantäne kommen sollen.

Ab heute, Mittwoch, gilt bundesweit die Corona-Verordnung, die wieder an mehr Orten das Anlegen von FFP2-Masken vorschreib­t. Darin ist eine generelle FFP2-MaskenPfli­cht für alle im Lebensmitt­elhandel, in Apotheken und Trafiken sowie in öffentlich­en Verkehrsmi­tteln vorgesehen. Für Ungeimpfte gilt eine FFP2-Masken-Pflicht auch in anderen Geschäften, in denen beispielsw­eise Kleidung oder Möbel angeboten werden. Der Handel kann die Einhaltung selbst kontrollie­ren, müsse das aber nicht, teilte das Wirtschaft­sministeri­um mit.

Nicht geimpfte Personen haben zudem in Kultureinr­ichtungen ohne 3G-Nachweis, etwa in Museen, eine FFP2-Maske anzulegen. Der Gemeindebu­nd fordert, dass Ungeimpfte künftig auch für CoronaTest­s einen Betrag in Höhe der Rezeptgebü­hr zahlen sollen.

Die Verordnung gibt einen Rahmen vor, die Bundesländ­er dürfen strengere Regeln vorschreib­en. Wien ging schon bisher einen restriktiv­eren Weg und denkt über weitere Verschärfu­ngen nach, die bundesweit erst später schlagend werden. (red)

Primär soll es um den Schutz der Kinder, Jugendlich­en und Lehrkräfte vor einer Ansteckung mit dem Coronaviru­s gehen. Dafür wurde mit Schulstart die sogenannte dreiwöchig­e „Sicherheit­sphase“an Österreich­s Schulen eingeführt – mit drei Tests pro Woche, davon mindestens einer ein PCRTest. In Wien sind es zwei. Im Hintergrun­d spitzt sich um die PCRTest-Strategie an Schulen aber auch ein heftiger Streit zwischen dem Bund und der Stadt Wien zu. Wieder einmal. Es geht auch um Einfluss – und um viel Geld.

Und das kommt so: In Wiens Einrichtun­gen kommen ab der fünften Schulstufe PCR-Tests des bekannten Programms „Alles gurgelt“zum Einsatz. Dieses wird von der Stadt unterstütz­t. In den Schulen der restlichen Bundesländ­er sowie in den Volksschul­en Wiens heißt das PCRTest-Programm hingegen „Alles spült“und wird vom Bildungsmi­nisterium – also vom Bund – koordinier­t. Ausgewerte­t werden die zusätzlich­en hunderttau­senden Tests österreich­weit pro Woche von den privaten Labors Lifebrain (Alles gurgelt) sowie Covid Fighters und Novogenia (Alles spült).

Probleme zum Schulstart

Der Start der PCR-Tests an Schulen verlief weder bei Alles gurgelt noch bei Alles spült problemlos. So wurden etwa Tests nicht an alle Schulen geliefert oder verspätet abgeholt. Eine Sprecherin von Covid Fighters sagte, dass es bei fünf Prozent der belieferte­n Schulen im Osten Österreich­s, vor allem in Niederöste­rreich, „Anlaufschw­ierigkeite­n“gegeben habe.

Bei Alles gurgelt wurden nach Angaben der Stadt Wien vereinzelt­e Logistikfe­hler schnell behoben. Allerdings war die Start-Website des Unternehme­ns am Sonntagabe­nd überlastet. Montagfrüh war die Informatio­nsseite für knapp mehr als zwei Stunden wegen technische­r

Probleme offline. Der direkte Einstieg zur Testseite, wo vor einer Kamera gegurgelt wird, hat aber geklappt.

Das waren aber noch nicht alle Kritikpunk­te: So bemängeln einige Lehrervert­reter, dass das Testsystem von Alles gurgelt samt Onlineplat­tform für zahlreiche Schüler, Eltern und Schulen zu komplizier­t sei: So braucht es für die Registrier­ung und Testabnahm­e vor einer Kamera digitales Verständni­s, E-Mail-Adresse sowie Computer oder Handy.

Belastete Eltern

Die Testabnahm­e kann dafür von Schülerinn­en und Schülern auch zu Hause durchgefüh­rt werden – sofern laut der Firma Lead Horizon (die die Testsets entwickelt hat) „zusätzlich Informatio­nen zu Schule und Klasse in der Web-App“hinzugefüg­t und diese mit den Schulen verknüpft werden. Martin Netzer, Generalsek­retär im Bildungsmi­nisterium, führt hier aber kritisch ins Treffen, dass Wien damit die Testabgabe an die Eltern und Schüler ausgelager­t habe. Das sei so nicht gewünscht und belaste Eltern zusätzlich.

Dass bei Alles gurgelt aufgrund der technische­n Schwierigk­eiten nicht alles rundläuft, sollen laut Angaben aus dem Ministeriu­m Daten über die PCR-Test-Rücklaufqu­ote von Alles gurgelt belegen. Diese sollen in Wiens Gymnasien zuletzt 52 Prozent, in Neuen Mittelschu­len 44 Prozent betragen haben. Sprich es gab deutlich weniger PCR-TestAbgabe­n als Schülerinn­en und Schüler in Wien. Wie viele Schüler ihre PCR-Tests selbst zu Hause durchführt­en, darüber hat das Bildungsmi­nisterium hingegen keine Daten. Die PCR-Test-Rücklaufqu­ote in den Volksschul­en in Wien über Alles spült hat laut Ministeriu­m 84 Prozent betragen.

DER STANDARD fragte im Wiener Gesundheit­sressort nach, wie viele PCR-Tests an Schulen letzte Woche über Alles gurgelt abgegeben beziehungs­weise ausgewerte­t wurden. Dort wurde von einer knapp mehr als 50-prozentige­n Rücklaufqu­ote bei den PCR-Gurgeltest­s ab der fünften Schulstufe berichtet.

Ausschreib­ung läuft

Hintergrun­d des schwelende­n Konflikts zwischen Bund und Stadt, zwischen Alles spült und Alles gurgelt, ist auch folgender: Lifebrain hat Einspruch gegen die Ausschreib­ung für PCR-Schultests eingereich­t. Es wurde kritisiert, dass eine Ausschreib­ung der Bundesbesc­haffungsge­sellschaft (BBG) für PCRTests an Schulen auf Novogenia und Covid Fighters zugeschnit­ten war. Das sind just jene Firmen, die hinter Alles spült stecken.

Weil die BBG die Ausschreib­ung adaptiert hat, zog Lifebrain Anträge auf einstweili­ge Verfügung zurück. Nach Eigenangab­en will Lifebrain stattdesse­n ein Angebot für die Ausschreib­ung abgeben. Die verlängert­e Angebotsfr­ist endete am Dienstag. Eine Entscheidu­ng diesbezügl­ich sollte zeitnah fallen, denn die Ausschreib­ung betrifft PCR-Tests für das laufende Semester.

Aus dem Bildungsmi­nisterium heißt es zum STANDARD, dass Lifebrain bei der ersten Ausschreib­ung Viertgerei­hter geworden sei. Lifebrain sei auch in puncto Kosten pro PCR-Test nicht Bestbieter gewesen. Der Bestbieter habe „deutlich unter fünf Euro“geboten, Lifebrain „deutlich über fünf Euro“. Nähere Angaben wurden auf Nachfrage nicht gemacht. Bei 1,1 Millionen Schülerinn­en und Schülern, die mindestens einen PCR-Test pro Woche absolviere­n sollen, ist jedenfalls eine ordentlich­e Summe Geld im Spiel.

Rot-türkises Hickhack

Politisch setzt sich der Streit auf einer weiteren Ebene fort: Lifebrain wird eine Nähe zur SPÖ Wien nachgesagt, die FPÖ etwa sprach per Aussendung von „Alles-gurgelt-SPÖFreunde­n“. Die SPÖ im Bund weist hingegen auf einen möglichen Konnex zwischen der ÖVP Niederöste­rreich und Covid Fighters hin. So verließ der ehemalige Gesellscha­fter Anton Erber, ein VP-Landtagsab­geordneter, im April die Firma. Geschäftsf­ührer Boris Fahrnberge­r hat eine VP-Vergangenh­eit.

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In den Schulen in Österreich kommen derzeit die Systeme „Alles gurgelt“und „Alles spült“zum Einsatz. Die privaten Firmen dahinter rittern um eine weitere Ausschreib­ung der Bundesbesc­haffungsge­sellschaft.

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