Quarantäneregeln für die Schulen werden gelockert
Freitesten schon nach fünf Tagen möglich Vorgabe für Ungeimpfte generell verschärft
Wien – Schülerinnen und Schüler müssen, wenn es Covid-Alarm in der Klasse gibt, nur noch fünf Tage in Quarantäne. Darauf haben sich das Bildungs- und das Gesundheitsministerium am Dienstag geeinigt, bestätigte ein Sprecher von Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) dem STANDARD. Details waren zu Redaktionsschluss noch offen. Das Bildungsministerium forderte, dass nur noch Sitznachbarn in Quarantäne kommen sollen.
Ab heute, Mittwoch, gilt bundesweit die Corona-Verordnung, die wieder an mehr Orten das Anlegen von FFP2-Masken vorschreibt. Darin ist eine generelle FFP2-MaskenPflicht für alle im Lebensmittelhandel, in Apotheken und Trafiken sowie in öffentlichen Verkehrsmitteln vorgesehen. Für Ungeimpfte gilt eine FFP2-Masken-Pflicht auch in anderen Geschäften, in denen beispielsweise Kleidung oder Möbel angeboten werden. Der Handel kann die Einhaltung selbst kontrollieren, müsse das aber nicht, teilte das Wirtschaftsministerium mit.
Nicht geimpfte Personen haben zudem in Kultureinrichtungen ohne 3G-Nachweis, etwa in Museen, eine FFP2-Maske anzulegen. Der Gemeindebund fordert, dass Ungeimpfte künftig auch für CoronaTests einen Betrag in Höhe der Rezeptgebühr zahlen sollen.
Die Verordnung gibt einen Rahmen vor, die Bundesländer dürfen strengere Regeln vorschreiben. Wien ging schon bisher einen restriktiveren Weg und denkt über weitere Verschärfungen nach, die bundesweit erst später schlagend werden. (red)
Primär soll es um den Schutz der Kinder, Jugendlichen und Lehrkräfte vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus gehen. Dafür wurde mit Schulstart die sogenannte dreiwöchige „Sicherheitsphase“an Österreichs Schulen eingeführt – mit drei Tests pro Woche, davon mindestens einer ein PCRTest. In Wien sind es zwei. Im Hintergrund spitzt sich um die PCRTest-Strategie an Schulen aber auch ein heftiger Streit zwischen dem Bund und der Stadt Wien zu. Wieder einmal. Es geht auch um Einfluss – und um viel Geld.
Und das kommt so: In Wiens Einrichtungen kommen ab der fünften Schulstufe PCR-Tests des bekannten Programms „Alles gurgelt“zum Einsatz. Dieses wird von der Stadt unterstützt. In den Schulen der restlichen Bundesländer sowie in den Volksschulen Wiens heißt das PCRTest-Programm hingegen „Alles spült“und wird vom Bildungsministerium – also vom Bund – koordiniert. Ausgewertet werden die zusätzlichen hunderttausenden Tests österreichweit pro Woche von den privaten Labors Lifebrain (Alles gurgelt) sowie Covid Fighters und Novogenia (Alles spült).
Probleme zum Schulstart
Der Start der PCR-Tests an Schulen verlief weder bei Alles gurgelt noch bei Alles spült problemlos. So wurden etwa Tests nicht an alle Schulen geliefert oder verspätet abgeholt. Eine Sprecherin von Covid Fighters sagte, dass es bei fünf Prozent der belieferten Schulen im Osten Österreichs, vor allem in Niederösterreich, „Anlaufschwierigkeiten“gegeben habe.
Bei Alles gurgelt wurden nach Angaben der Stadt Wien vereinzelte Logistikfehler schnell behoben. Allerdings war die Start-Website des Unternehmens am Sonntagabend überlastet. Montagfrüh war die Informationsseite für knapp mehr als zwei Stunden wegen technischer
Probleme offline. Der direkte Einstieg zur Testseite, wo vor einer Kamera gegurgelt wird, hat aber geklappt.
Das waren aber noch nicht alle Kritikpunkte: So bemängeln einige Lehrervertreter, dass das Testsystem von Alles gurgelt samt Onlineplattform für zahlreiche Schüler, Eltern und Schulen zu kompliziert sei: So braucht es für die Registrierung und Testabnahme vor einer Kamera digitales Verständnis, E-Mail-Adresse sowie Computer oder Handy.
Belastete Eltern
Die Testabnahme kann dafür von Schülerinnen und Schülern auch zu Hause durchgeführt werden – sofern laut der Firma Lead Horizon (die die Testsets entwickelt hat) „zusätzlich Informationen zu Schule und Klasse in der Web-App“hinzugefügt und diese mit den Schulen verknüpft werden. Martin Netzer, Generalsekretär im Bildungsministerium, führt hier aber kritisch ins Treffen, dass Wien damit die Testabgabe an die Eltern und Schüler ausgelagert habe. Das sei so nicht gewünscht und belaste Eltern zusätzlich.
Dass bei Alles gurgelt aufgrund der technischen Schwierigkeiten nicht alles rundläuft, sollen laut Angaben aus dem Ministerium Daten über die PCR-Test-Rücklaufquote von Alles gurgelt belegen. Diese sollen in Wiens Gymnasien zuletzt 52 Prozent, in Neuen Mittelschulen 44 Prozent betragen haben. Sprich es gab deutlich weniger PCR-TestAbgaben als Schülerinnen und Schüler in Wien. Wie viele Schüler ihre PCR-Tests selbst zu Hause durchführten, darüber hat das Bildungsministerium hingegen keine Daten. Die PCR-Test-Rücklaufquote in den Volksschulen in Wien über Alles spült hat laut Ministerium 84 Prozent betragen.
DER STANDARD fragte im Wiener Gesundheitsressort nach, wie viele PCR-Tests an Schulen letzte Woche über Alles gurgelt abgegeben beziehungsweise ausgewertet wurden. Dort wurde von einer knapp mehr als 50-prozentigen Rücklaufquote bei den PCR-Gurgeltests ab der fünften Schulstufe berichtet.
Ausschreibung läuft
Hintergrund des schwelenden Konflikts zwischen Bund und Stadt, zwischen Alles spült und Alles gurgelt, ist auch folgender: Lifebrain hat Einspruch gegen die Ausschreibung für PCR-Schultests eingereicht. Es wurde kritisiert, dass eine Ausschreibung der Bundesbeschaffungsgesellschaft (BBG) für PCRTests an Schulen auf Novogenia und Covid Fighters zugeschnitten war. Das sind just jene Firmen, die hinter Alles spült stecken.
Weil die BBG die Ausschreibung adaptiert hat, zog Lifebrain Anträge auf einstweilige Verfügung zurück. Nach Eigenangaben will Lifebrain stattdessen ein Angebot für die Ausschreibung abgeben. Die verlängerte Angebotsfrist endete am Dienstag. Eine Entscheidung diesbezüglich sollte zeitnah fallen, denn die Ausschreibung betrifft PCR-Tests für das laufende Semester.
Aus dem Bildungsministerium heißt es zum STANDARD, dass Lifebrain bei der ersten Ausschreibung Viertgereihter geworden sei. Lifebrain sei auch in puncto Kosten pro PCR-Test nicht Bestbieter gewesen. Der Bestbieter habe „deutlich unter fünf Euro“geboten, Lifebrain „deutlich über fünf Euro“. Nähere Angaben wurden auf Nachfrage nicht gemacht. Bei 1,1 Millionen Schülerinnen und Schülern, die mindestens einen PCR-Test pro Woche absolvieren sollen, ist jedenfalls eine ordentliche Summe Geld im Spiel.
Rot-türkises Hickhack
Politisch setzt sich der Streit auf einer weiteren Ebene fort: Lifebrain wird eine Nähe zur SPÖ Wien nachgesagt, die FPÖ etwa sprach per Aussendung von „Alles-gurgelt-SPÖFreunden“. Die SPÖ im Bund weist hingegen auf einen möglichen Konnex zwischen der ÖVP Niederösterreich und Covid Fighters hin. So verließ der ehemalige Gesellschafter Anton Erber, ein VP-Landtagsabgeordneter, im April die Firma. Geschäftsführer Boris Fahrnberger hat eine VP-Vergangenheit.