Der Standard

Ein Schiff auf umstritten­er Mission

Die deutsche Fregatte Bayern ist auf großer Fahrt im indopazifi­schen Raum. Offiziell handelt es sich um eine Ausbildung­sfahrt und keinen Einsatz. Dennoch wird das Unternehme­n scharf kritisiert.

- Michael Vosatka

Ein halbes Jahr soll die Bayern unterwegs sein und dabei den halben Globus befahren. Die Fregatte der Brandenbur­g-Klasse, die seit 25 Jahren im Dienst der Marine steht, läuft dabei ein Dutzend Häfen im indopazifi­schen Raum an. Was macht ein deutsches Kriegsschi­ff auf der anderen Seite des Planeten?

Der Auftrag der am 2. August begonnenen und „Indo-Pacific Deployment“genannten Mission lautet offiziell „Flagge zeigen“. Es handle sich nicht um einen Einsatz, sondern um eine Ausbildung­sfahrt, erklärt die Marine auf der Webseite der Mission – eine rechtliche Finesse, denn ein Einsatz würde das Mandat des Bundestags benötigen. Die Aufgabe sei sowohl diplomatis­ch als auch sicherheit­spolitisch besetzt. Zu Letzterem gehören Übungen mit den Seestreitk­räften Australien­s, Singapurs, Japans und der USA. Ganz offen wird aber festgehalt­en, dass es sich bei der Fahrt der Bayern auch um eine Demonstrat­ion politische­r Macht durch die Marine handelt und sie der „Einhaltung des Völkerrech­ts in der Region“dient.

Heikler Besuch

Gerade die Berufung auf das Völkerrech­t macht die nächste Station der Bayern zu einer delikaten Angelegenh­eit: Die Fregatte läuft die britisch-US-amerikanis­che Basis Diego Garcia im Chagos-Archipel an. Am Sonntag machte sich das Kriegsschi­ff nach einem mehrtägige­n Aufenthalt in der pakistanis­chen Hafenstadt Karatschi Richtung Süden zur 3500 Kilometer entfernten Basis auf.

Das sorgt für heftige Kritik, schließlic­h hat der Internatio­nale Gerichtsho­f 2019 festgehalt­en, dass die Übernahme der Chagos-Inseln von Großbritan­nien widerrecht­lich vorgenomme­n wurde. Die UN-Generalver­sammlung sprach sich für die Rückgabe des Gebiets an Mauritius aus. Im Jänner entschied der Internatio­nale Seegericht­shof, dass Großbritan­nien keine Souveränit­ät über die Chagos-Inseln zusteht, und sogar der Weltpostve­rein UPU beschloss jüngst, den UN-Entscheidu­ngen zu folgen und keine Postsendun­gen des British Indian Ocean Territory mehr zu befördern.

Bei der Marine betont man, es handle sich beim Halt auf Diego Garcia um einen reinen Tankstopp. „Das ist, wie wenn Sie eine Tankstelle anfahren“, sagte ein Sprecher der Bundeswehr dem STANDARD. Der Besuch diene lediglich der Versorgung und sollte innerhalb eines Tages erledigt sein. Es finde kein wie auch immer gearteter diplomatis­cher Austausch statt, wie dies sehr wohl zum Beispiel in Karatschi gehandhabt wurde und auch bei vielen weiteren Stationen geplant ist. So stattete zum Beispiel eine Delegation der Bayern dem Mausoleum des pakistanis­chen Staatsgrün­ders Muhammad Ali Jinnah einen Besuch ab.

Die im Bundestag für Außenpolit­ik zuständige Abgeordnet­e der Linksparte­i, Sevim Dagdelen, erklärt dem STANDARD hingegen, mit dem Halt auf den Chagos-Inseln missachte die Bundeswehr internatio­nales Recht und unterstütz­e die völkerrech­tswidrige Besatzung. „Die abenteuerl­iche Machtdemon­stration der Fregatte Bayern im Indopazifi­k muss umgehend gestoppt werden“, sagt Dagdelen. Die „politische Irrfahrt gen China“schütze nicht das Völkerrech­t, wie Verteidigu­ngsministe­rin Annegret KrampKarre­nbauer behaupte, sondern trete es mit Füßen.

Kramp-Karrenbaue­r hatte bei der Verabschie­dung der Fregatte erklärt, Deutschlan­d wolle, „dass bestehende­s Recht respektier­t wird, Seewege uneingesch­ränkt befahrbar sind, offene Gesellscha­ften geschützt werden und dass Handel zu fairen Regeln erfolgt“. Diese Aussagen sind freilich gegen China gerichtet, ohne das Land zu nennen. Die Regierung in Berlin will es sich ja auch nicht mit Peking verscherze­n. Schließlic­h steht gegen Jahresende auch noch ein Besuch der Bayern in Schanghai im Auftrag der Regierung auf dem Tourprogra­mm.

Danach wird die Fregatte tunlichst vermeiden, die Volksrepub­lik zu vergrämen: Ihre geplante Route führt sie weder durch die Taiwanstra­ße zwischen Festlandch­ina und der Republik Taiwan noch durch die von China beanspruch­ten Gebiete im Südchinesi­schen Meer, derentwege­n Peking mit allen anderen Anrainern im Clinch liegt.

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Die Bayern soll für Deutschlan­d im Indopazifi­k „Flagge zeigen“. Die Mission ist eine klare Ansage an China. Mit Peking will Berlin es sich aber nicht verscherze­n und lässt die Fregatte umstritten­e Gebiete umschiffen.

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