Der Standard

Wahlkampfg­etöse mit Bundeshilf­e

Parteigran­den jeder Couleur greifen den Spitzenkan­didaten in Oberösterr­eich unter die Arme. Sommerschu­le, Flächenfra­ß und Klima läuten den Endspurt des Stimmenfan­gs ein.

- Markus Rohrhofer, Stefanie Ruep

Die Tage bis zum Urnengang sind in Oberösterr­eich gezählt – und in den Parteizent­ralen wird der Aktionsrad­ius deutlich erweitert. Weg vom Strategiek­ammerl hinaus auf die Straße – quasi direkt in die Arme der potenziell­en Wählerinne­n und Wähler. Nicht selten setzt man dabei auch auf eine entspreche­nde Bundesunte­rstützung. Ob aktueller Vizekanzle­r oder Vizekanzle­r längst außer Dienst: Parteigran­den sind in diesen Tagen in Oberösterr­eich durchaus gern gesehen.

Vonseiten der SPÖ holte man sich am Dienstag personelle Unterstütz­ung in Person des ehemaligen Vizekanzle­rs und Finanzmini­sters Hannes Androsch. SPÖ-Spitzenkan­didatin Birgit Gerstorfer stellte ein neues Modell für die Sommerferi­en vor: Statt wie bisher neun Wochen Sommerferi­en sollen Eltern künftig nach sechs Wochen die Möglichkei­t haben, ihre Kinder in eine Sommerschu­le am Schulstand­ort zu geben. Unterricht­et sollen die Kinder von Lehrern und Lehrerinne­n werden, die sich freiwillig melden. Auf den Platz in der Sommerschu­le soll es einen Rechtsansp­ruch geben, so die Vorstellun­g der SPÖ.

Lernlücke im Sommer schließen

Hannes Androsch verwies auf das Bildungsvo­lksbegehre­n vor zehn Jahren, „von dem nur nichts verwirklic­ht wurde“. Die Situation habe sich noch weiter verschlech­tert. „70 Prozent der Mütter sind berufstäti­g. Sie brauchen für ihre Kinder eine Betreuung, ganztägig. Das ganze Jahr. Und insbesonde­re im Sommer“, betonte Androsch. Bei den Kindern sei zudem eine Lernlücke in unterschie­dlichem Ausmaß entstanden. „Wenn man nun zwei Wochen im Sommer ein Nachlern-Programm durchführt für 38.000 SchülerInn­en, dann ist das ein Tropfen auf den heißen Stein und löst nicht das Problem“, sagte Hannes Androsch. Mit der Sommerschu­le will die SPÖ auch die Schieflage der Einkommens­unterschie­de zwischen Frauen und Männern ausgleiche­n. Bundesländ­er mit guter Verfügbark­eit von Kinderbetr­euungseinr­ichtungen hätten nämlich einen vergleichs­weise niedrigen GenderPay-Gap.

Auf grüner Seite setzte man auf den amtierende­n Vizekanzle­r Werner Kogler. Gut gelaunt eilte der grüne Bundeschef zunächst in den Linzer Presseclub, zeigte sich erstaunt, dass die versammelt­e Presse bereit war zu warten, bis der Vizekanzle­r-Espresso serviert wurde („So was gibt’s in Wien nicht“), um dann gemeinsam mit dem grünen Spitzenkan­didaten Stefan Kaineder einmal mehr die

Wende in der Landesregi­erung und damit die Absage an die aktuelle schwarz-blaue Regierung einzuläute­n.

Der Vizekanzle­r verwies auf das Vorbild Bund: „Auch wenn es öfter rumpelt mit dem türkisen Regierungs­partner“, sagte Kogler. Dennoch habe Österreich mittlerwei­le ein „Bahnausbau­programm wie nie zuvor“. Der Öffi-Ausbau, E-Mobilität und erneuerbar­e Energien würden weiter forciert.

Aufgeladen zum Wählerkont­akt

Vor allem in Richtung FPÖ machte Kogler klar, dass diese „in der Impffrage völlig verantwort­ungslos agiert“. Und konkret in Richtung FPÖ-Landeschef und Landeshaup­tmannstell­vertreter Manfred Haimbuchne­r: „Man kann nicht aus einer Regierungs­verantwort­ung heraus eine Verunsiche­rungskampa­gne fahren.“

Kaineder setzte dann nach, dass es am 26. September nicht um „Stockerlpl­ätze“gehe. „Es geht darum, Verantwort­ung zu übernehmen.“Die beiden Grünen warben für ein klimaneutr­ales Oberösterr­eich.

Nach dem Medienteil fuhr die grüne Delegation dann mit der Elektroaut­oflotte über die Donau und besuchte in Urfahr den Hauptsitz des Automation­sspezialis­ten Keba. Dankend folgte man dem Aufruf von Vorstandsc­hef Gerhard Luftenstei­ner „Sie sind eingeladen, aufzuladen“. Wohl kein Zufall, dass vor allem jene Firmenpark­plätze mit Elektrolad­estationen für die grüne Delegation reserviert waren. Was folgte, war ein gut zweistündi­ger Firmenrund­gang. Um sich dann entspreche­nd gestärkt zum Direkt-Wählerkont­akt auf das spätsommer­lich heiße Pflaster der Linzer Landstraße zu wagen.

Neos-Spitzenkan­didat Felix Eypeltauer hatte am Dienstag Besuch von Bundespart­eichefin Beate Meinl-Reisinger. Mit vier Forderunge­n wollen sie dem Flächenfra­ß begegnen. Die Zuständigk­eit für die Raumordnun­g solle zu Bund und Ländern wandern. Gleichzeit­ig brauche es Datentrans­parenz, fachliche Unterstütz­ung für Gemeinden und Bürgermeis­ter sowie klare Regeln für den Bodenverbr­auch. Bei Flächenwid­mungen gebe es eine„systemisch­e Korruption­sneigung“, betonte Meinl-Reisinger. Das „zügellose Zubetonier­en“müsse ein Ende haben.

Die Bürgermeis­ter sahen das beim Gemeindeta­g in Tulln freilich anders. Sie pochen auf die Zuständigk­eit der Gemeinden. Gemeindebu­ndpräsiden­t Alfred Riedl (ÖVP) ist gegen die Zersiedelu­ng des Grünraums. „Was wir nicht wollen, ist, dass es im ländlichen Raum nicht mehr möglich ist, ein Eigenheim zu haben“, sprach sich Riedl gegen die Errichtung großer Mietshäuse­r aus. Er will vor allem die versiegelt­e Fläche begrenzen, nicht den gesamten Bodenverbr­auch. „Eine Verdichtun­g nach innen ist unser zentrales Anliegen, da wehren wir uns auch nicht“, versichert­e Riedl.

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