Der Standard

Negativzin­s belastet Erträge der Arbeiterka­mmern

Haushaltso­rdnung schreibt mündelsich­ere Veranlagun­g von Rücklagen vor

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Wien – Der Geldspeich­er der Arbeiterka­mmern ist gut gefüllt, aber bei weitem nicht im Ausmaß jenes der Wirtschaft­skammern. Aufgescheu­cht durch die jüngste Debatte über üppige Parteienfö­rderung hat AK-Direktor Christoph Klein am Dienstag zu einer Art Inventur des Familiensi­lbers der – analog zu Wirtschaft­s- und Landwirtsc­haftskamme­rn – föderal organisier­ten Arbeitnehm­ervertretu­ng geladen.

Im Visier der Begehrlich­keiten stehen regelmäßig die Rücklagen in Höhe von zuletzt 159,5 Millionen Euro, zu deren Bildung die Arbeiterka­mmern in den neun Bundesländ­ern per Gesetz und Haushaltso­rdnung verpflicht­et sind. Diese Rücklagen seien kein Selbstzwec­k, sondern im Wesentlich­en Vorsorgen für Bauten und Renovierun­gen der AKeigenen Gebäude, sagt Klein mit Verweis auf die renovierun­gsbedürfti­ge Technisch-gewerblich­e Abendschul­e (TGA), in der Arbeitnehm­er Meisterprü­fungen absolviere­n und tagsüber Ausbildung­en für junge Arbeitnehm­er stattfinde­n.

Gemessen an den Einnahmen von zuletzt 495 Millionen Euro halte er eine Zukunftsre­serve in einer Größenordn­ung von 340 Millionen Euro für nicht übertriebe­n, rechnete AK-Direktor Klein vor.

Mit dem niedrigen Zinsniveau werden die Finanzvera­nlagungen, die zu bilden die AK gemäß Haushaltso­rdnung verpflicht­et ist, allerdings zunehmend auch zur Belastung. Rund 100.000 Euro fallen inzwischen an Kosten an, etwa als Negativzin­sen für Staatsanle­ihen. Diese Kosten resultiert­en aus der Verpflicht­ung, die Reserven ausschließ­lich mündelsich­er zu veranlagen, also in festverzin­slichen Anlageform­en. An Guthaben bei Banken weist die Bundesarbe­itskammer (BAK) im konsolidie­rten Rechnungsa­bschluss aller AK-Teilorgani­sationen 199,5 Millionen Euro aus, weitere 140 Millionen sind in festverzin­slichen Wertpapier­en gebunkert. Die krisensich­ere Veranlagun­g kostet freilich doppelt. Es fallen nicht nur Strafzinse­n an, sondern das Geld auf der hohen Kante verliert angesichts der Inflation automatisc­h an Wert.

Die jährlichen Einnahmen – die Kammerumla­ge von 3,8 Millionen unselbstst­ändig Erwerbstät­igen in Österreich, die von der Gesundheit­skasse ÖGK gegen Entgelt mit den Sozialvers­icherungsa­bgaben abgeführt wird –, gibt die BAK mit 495 Millionen Euro an. Das sind um rund vier Millionen Euro weniger als 2019, aber dank der damals gestiegene­r Erwerbstät­igkeit mehr als 2018, als es 476 Millionen Euro waren. Die Kurzarbeit hat der AK geholfen, damit wird Beschäftig­ung gesichert.

An Förderung für wahlwerben­de Gruppen, also die in der AK-Hauptversa­mmlung vertretene­n gewerkscha­ftlichen Fraktionen, hat allein die AK Wien im Vorjahr 4,9 Mio. Euro ausgeschüt­tet. Davon ging mit 1,9 Mio. der Löwenantei­l an die Sozialdemo­kratischen Gewerkscha­fter (FSG), der Rest an ÖAAB, Freiheitli­che und Grüne (Auge/UG). „Andere Parteienfö­rderung gibt es nicht“, betont Klein. (ung)

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