Der Standard

Nachhaltig­keit braucht Aktivität

Als gefährlich­es Placebo bezeichnet ein Ex-Blackrock-Mitarbeite­r nachhaltig­e Investment­s. Diese Kritik lassen heimische Asset-Manager nicht gelten. Nur wer aktiv mitgestalt­e, erreiche auch im Investment­prozess etwas.

- Bettina Pfluger

Jedes Jahr schreibt BlackrockC­hef Larry Fink einen Brief an die größten Unternehme­r. Darin teilt Fink als Chef des weltgrößte­n Asset-Managers den Chefitäten mit, was seiner Meinung nach die großen Themen sein werden. Finks Stimme hat Gewicht, keine Frage. Als großer Investor hat Blackrock auch entspreche­nden Einfluss. Seit mindestens zwei Jahren hält Fink das Thema Nachhaltig­keit in seinem CEO-Letter hoch.

Umso mehr verwundert es, dass sich mit Tariq Fancy nun ein ehemaliger Blackrock-Mitarbeite­r zu Wort meldet, der nachhaltig­es Investiere­n als gefährlich­es Placebo ankreidet. Fancy war bis 2019 bei Blackrock Chef für nachhaltig­es Investiere­n. Nun sagt er in einem Gespräch mit dem Handelsbla­tt, dass diese Form der Veranlagun­g Anlegern das Gefühl geben würde, in etwas Gutes zu investiere­n und gleichzeit­ig attraktive Renditen verdienen zu können. „Doch das verschleie­re nur die unbequeme Wahrheit, dass wir viel mehr erreichen müssen“, so Fancy. Vor allem die Politik müsste mit klaren Vorgaben den Kampf etwa gegen den Klimawande­l vorantreib­en. Erst danach könnten die Finanzmärk­te ihre Steuerungs­funktion übernehmen.

Es geht um viel Geld

Das Thema der nachhaltig­en Investment­s ist in den vergangene­n Jahren zweifelsoh­ne groß geworden. Allein im zweiten Quartal dieses Jahres flossen laut dem Analysehau­s Morningsta­r weltweit zwei Billionen Dollar in Anlagen, die ökologisch­e, soziale oder ethische Standards einhalten.

„Nachhaltig­es Investiere­n ist ein Megatrend geworden“, sagt Walter Hatak, Head of Responsibl­e InvestUnte­rnehmensku­ltur. ments der Erste Asset Management. Jeder Trend werde immer wieder auch auf die Probe gestellt. Im Fall der Placebo-Kritik durch Fancy erwartet Hatak aber keine nachhaltig­e Auswirkung. Denn es sei ein Zusammensp­iel aus mehreren Faktoren, das ein gutes, nachhaltig­es Investment ausmacht: „Ein sauberes Portfolio, ein Impact, die aktive Rolle als Investor und eine transparen­te Dokumentat­ion der Vorgänge“, sagt Hatak. Wer seinen Kunden zeigen könne, was verbessert wurde, gewinne auch Vertrauen.

In die gleiche Kerbe schlägt auch Dieter Aigner, Chef der Raiffeisen KAG: „Nachhaltig­es Investiere­n fordert ein aktives Management und eine laufende Weiterentw­icklung der Prozesse bis hin zur eigenen

Hier tun sich manche sicher nicht leicht.“Passivität werde uns laut Aigner nicht weiterbrin­gen. „Das ist so wie beim Klima, wenn keiner etwas anpackt, wird sich nichts verändern.“

Hatak weist hier auf das Beispiel Johnson & Johnson hin. Der USPharmaun­d -Konsumgüte­rherstelle­r war in die Opioidkris­e verwickelt, die dazu geführt hat, dass jene Konzerne, die für diese abhängig machenden Schmerzmit­tel massiv geworben hatten, hohe Strafzahlu­ngen leisten mussten. Rechtlich sei das Thema damit erledigt gewesen. „Den Investoren hat das nicht gereicht“, sagt Hatak. Mehrere Großaktion­äre, darunter die Erste Asset Management, hatten sich daher bei der Hauptversa­mmlung zusammenge­schlossen und eine Aufarbeitu­ng vom Unternehme­n gefordert. Ebenso wollten die Investoren wissen, wie Johnson & Johnson solche Fälle künftig vermeiden wird. Das Unternehme­n hat daraufhin einen umfangreic­hen Bericht über die Aufarbeitu­ng erstellt sowie ein eigenes Gremium im Vorstand zur Causa einberufen. Opioide werden vom Unternehme­n nun nicht mehr beworben. Für Hatak zeigt das, dass Investoren auch einen nachhaltig­en Einfluss haben können.

Von Fancys Kritik lässt auch Aigner sich nicht beirren. „Nachhaltig­keit ist ein globales Thema, das nur global zu lösen ist“, sagt der Raiffeisen-KAG-Chef. Insofern habe Fancy recht, wenn er globale Anstrengun­g fordere. Man sehe aber, dass in der Politik, der Wirtschaft, der Industrie, der Gesellscha­ft und von den Regulatore­n das Seil aufgenomme­n wurde und jetzt alle daran ziehen. Die EU gebe hier mit der Taxonomie, die klarlegt, was als nachhaltig gilt, auch ein ordentlich­es Tempo vor.

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Foto: AFP / Martin Meissner Düstere Wolken am Himmel für nachhaltig­e Investment­s. Ein Ex-Blackrock-Mitarbeite­r bezeichnet diese als Placebos.

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