Film: Finally, Mr. Bond, Wes Andersons Starparade und ketzerische Nonnen
Den Auftakt in den eng verplanten Kinoherbst macht jener Film, der zum Symbol der Corona-bedingten Verschubmasse wurde. Am 30. 9. tritt Daniel Craig in Keine Zeit
zu sterben endlich zum fünfen Mal als James Bond (gegen Widersacher Rami Malek) in Aktion – rund zwei Jahre nach dem ursprünglich anvisierten Start –, und ironischerweise wird er dafür aus dem Ruhestand zurückgeholt. Es ist jener Film, von dem sich die Kinobetreiber den größten Zuschauer-Boost erwarten.
Kein Wunder, dass die nächste Produktion im Blockbuster-Segment im Oktober mit Respektabstand folgt, nämlich Ridley Scotts Mittelalterepos
The Last Duel mit Matt Damon und Ben Affleck. Eine Woche drauf stimmt USRegisseur Wes Anderson mit The
French Dispatch seine Hymne an das Wochenmagazin New Yorker an, die er ins 1960er-Jahre-Frankreich der Exilliteraten verlegt – Stars wie Léa Seydoux, Frances McDormand oder Benicio del Toro reichen einander in den einzelnen Episoden die Hände.
Zu den weiteren großen US-Starts gehören Eternals (3. 11.), der nächste Marvel-Avengers-Ableger unter der Regie von Nomadland-Regisseurin Chloé Zhao, und das oftmals verschobene Sequel von Tom Cruises 1980er-Pilotensprint, Top Gun 2, bevor vor Weihnachten dann Steven Spielberg seine Neuverfilmung der West Side Story
(9. 12.) präsentiert – wenn alles dabei bleibt.
Im internationalen Bereich herrscht ähnlich viel Gedränge: Titane, Julia Ducournaus Goldene-Palme-Gewinner um eine mörderische, Autos fetischisierende Gender-Bender-Person, eröffnet am 23. 9. das Slash-Festival in Wien, bevor er am 4. 11. regulär starten wird. Zwei exzeptionelle Dokumentarfilme stehen mit Lisa Webers Jetzt oder
morgen (15. 10.) und Maria Speths Herr
Bachmann und seine Klasse (26. 11.) an: beides Langzeitbeobachtungen, die eine einer arbeitslosen jungen Wienerin, die andere einer Schulklasse, die Kinder mit migrantischen Wurzeln besuchen. Auch The Works and Days (of
Tayoko Shiojiri in the Shiotani Basin), in dem C. W. Winter und Anders Edström in acht Stunden den Alltag einer japanischen Familie mitvollziehen, hat einen Verleih gefunden (Dezember).
Schon ab 21. 10. präsentiert die Viennale ihre Selektion diesjähriger Festivalfilme, mitsamt einer zeitgenössisch ausgerichteten Retrospektive über Amos Vogels Begriff von transgressivem Kino. Mit Paul Verhoevens verlässlich respektloser Variante eines Nonnendramas, Benedetta (3. 12.), Mia Hansen-Løves verspielter BergmanHommage Bergman Island und Leos Carax’ furiosem Musical Annette (mit Musik der Sparks) (17. 12.) stehen weitere Highlights des Jahres an. Auch Jane Campions gerade in Venedig prämierten Western The Power of the Dog wird man wohl im Herbst auf der großen Leinwand sehen, ehe er bei Netflix startet. (kam)