Nebenfront
Betrifft: „Solidarität mit Impfverweigerern“von Conrad Seidl
der Standard, 13. 9. 2021 Ich schreibe diese Zeilen mit einem Leistenbruch. Den werde ich so schnell wie möglich operieren lassen, natürlich mit dem Vorbehalt der Spitalsüberbelegung. Wenn ich warten muss, dann wegen der mangelnden Solidarität der Impfverweigerer. Ohne Impfverweigerer gäbe es nur etwa ein Zehntel der Corona-Patientinnen und -Patienten in den Spitälern, und ich könnte mir meinen OPTermin aussuchen.
Ganz ehrlich, meine Solidarität ist enden wollend. Und mit Rauchen und Saufen hat das gar nichts zu tun. Jede Raucherin zahlt ihren Selbstbehalt über eine Zusatzsteuer beim Zigarettenkauf, jeder Säufer beim Kauf jeder Flasche. Und Sportverletzungen? Unsinn.
Der gelegentliche Beinbruch wiegt die positiven Effekte für unser Gesundheitssystem niemals auf. Steuern auf Zucker und Fett wären zu überlegen, aber das sind im Kontext doch nur Scheindebatten. Wann wurde der letzte Leistenbruchpatient abgewiesen, weil zu viele Fettleibige oder Fußballer mit Beinbrüchen zeitgleich im Spital waren?
Ja, ich bin für einen Selbstbehalt für Hochrisikoverhalten, wie es ja Privatversicherungen auch machen. Aber das ist eine Nebenfront. Wirklich wichtig ist Solidarität bei der Allgemeingesundheit.
Bei Bettenknappheit müssen ungeimpfte Covid-Patienten sich hinten anstellen. Niemand darf unschuldig zu Schaden kommen, weil sich jemand aus Dummheit oder mangelnder Solidarität nicht hat impfen lassen.