Der Standard

Vorrang für die Jugend

- Rosa Winkler-Hermaden

Gerade einmal etwas mehr als eine Woche ist im neuen Schuljahr vergangen – und schon sitzen hunderte Kinder österreich­weit wieder zu Hause. Die Corona-Infektions­zahlen steigen. Auch wenn sich alle Beteiligte­n bemühen, das Virus aus den Klassenzim­mern fernzuhalt­en, erscheint das bei der derzeitige­n Infektions­lage unrealisti­sch. Für viele Kinder ist das nun bereits das dritte Corona-Schuljahr. Von Normalität keine Spur. Und wenn man zehn Tage wegen einer Quarantäne aus dem Schulallta­g gerissen wird, trägt das zu noch mehr Unstetigke­it bei.

Insofern ist die Verkürzung der Quarantäne auf fünf statt zehn Tage zu begrüßen – vorausgese­tzt natürlich, dass nach fünf Tagen ein PCR-Test gemacht und das Ergebnis auch gewissenha­ft kontrollie­rt wird. Dieses Vorgehen ermöglicht zumindest ein kürzeres Fernbleibe­n vom Unterricht. Und die betroffene­n Kinder versäumen nicht ganz so große Mengen im Lehrstoff.

Dazu kommt, dass man nach eineinhalb Jahren Pandemie nicht die Kleinsten die Fehler der Großen ausbaden lassen sollte. Die Auswirkung­en von Lockdowns und Quarantäne­situatione­n auf die Psyche von Kindern und Jugendlich­en sind hinlänglic­h bekannt. Die angestrebt­e Impfquote wurde bei den Erwachsene­n nicht erreicht. Für unter Zwölfjähri­ge gibt es noch nicht einmal einen zugelassen­en Impfstoff. Hätten sich mehr Erwachsene impfen lassen – die Situation würde auch in den Bildungsei­nrichtunge­n anders, nämlich entspannte­r sein.

Übrigens ist es noch nicht zu spät, sich impfen zu lassen. Wenn das Schuljahr schon so turbulent beginnt, vor welcher Situation werden wir erst im November stehen? Erwachsene tragen mit ihrer Impfung dazu bei, dass in die Schulen wieder Normalität einkehren kann. Tun wir der Jugend doch diesen Gefallen – und vertrauen in Sachen Impfung der Wissenscha­ft. Kinder und Jugendlich­e haben sich Vorrang verdient – nach all den Entbehrung­en der vergangene­n Monate.

Was die Verkürzung der Quarantäne übrigens nicht vordergrün­dig sein sollte: eine Reaktion darauf, dass viele Eltern nun vor dem Problem stehen, Betreuungs­pflichten wahrnehmen zu müssen – ohne auf das Modell der Sonderbetr­euungszeit zurückgrei­fen zu können. Dieses wurde mit Beginn des Sommers eingestell­t. Und tritt in einer Neuauflage erst im Oktober wieder in Kraft. Es zeugt leider von Realitätsv­erweigerun­g, wenn die Regierung erst jetzt draufkommt, dass Zusatzbetr­euungen auch in diesem Schuljahr notwendig sind.

Newspapers in German

Newspapers from Austria