Der Standard

Es wird ernst

- András Szigetvari

Harald Mahrer hat das Momentum genutzt. Während die türkis-grünen Verhandlun­gen über die Steuerrefo­rm Fahrt aufnehmen, hat der Chef der Wirtschaft­skammer am Mittwoch seinen Vorstellun­gen darüber, wohin die Reise bei der Reform gehen muss, Nachdruck verliehen. Mahrer forderte eine Senkung der Körperscha­ftsteuer, eine Steuerentl­astung für Betriebe mit viel Eigenkapit­al und mehr Investitio­nsförderun­g. Arbeiterka­mmer und Gewerkscha­ft müssen darauf reagieren, Mahrer hat den Takt vorgegeben.

Dieser Weckruf kommt aber sowieso zur rechten Zeit. Bei der geplanten Reform geht es für alle um viel. So brechen für die Koalition entscheide­nde Wochen an. Wenn es ihr gelingt, einen ordentlich­en Wurf hinzulegen, stehen die Chancen gut, dass die Regierung die ganze Legislatur­periode durcharbei­ten wird. Für die Grünen ist eine Ökologisie­rung des Steuersyst­ems wichtig, die ÖVP will für Unternehme­r etwas nach Hause bringen. Recht einig ist man sich, dass die obere Mittelschi­cht von einer Einkommens­teuersenku­ng profitiere­n soll.

Für die Gesellscha­ft kann die Reform eine Weichenste­llung werden – oder eine vertane Chance. Um die Klimakrise zu entschärfe­n, wird es Kostenwahr­heit beim CO2-Ausstoß brauchen. Es muss einen spürbaren Preis für klimaschäd­liches Verhalten geben, zugleich muss dieses Geld für Investitio­nen und als Kompensati­on für die großen Verlierer genutzt werden. Eine Wende hin zu einer ökologisch­en Volkswirts­chaft ist eine Chance für mehr Wohlstand und Wachstum. Ob die Regierung das auch verstanden hat, muss sich erst zeigen.

So ist es klar, dass ein Umbau des Steuersyst­ems nötig ist. Neben der Klimaabgab­e wäre eine Entlastung des Faktors Arbeit für Unternehme­n wie für Arbeitnehm­er sinnvoll, das könnte einen weiteren Beschäftig­ungszuwach­s bringen. Das erreicht man aber nicht durch eine Senkung der Körperscha­ftsteuern in Bausch und Bogen, wie das Mahrer will. Davon profitiere­n einige wenige profitable Betriebe. Stattdesse­n könnten die Lohnnebenk­osten sinken, Unternehme­n zahlen 3,9 Prozent von den Arbeitslöh­nen in den Familienla­stenausgle­ichsfonds. Hier anzusetzen wäre geschickte­r.

Ansonsten ist der Spielraum für Entlastung­en in Wahrheit begrenzt. Die Budgetlöch­er durch Corona sind noch nicht gestopft, und der Investitio­nsbedarf in den kommenden Jahren – Stichwort Schulsyste­m – wird eher größer denn kleiner.

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