Der Standard

Die schwierige Vermessung der Unternehme­nsförderun­gen

Arbeiterka­mmer ortet Überförder­ung der Betriebe durch Corona-Hilfen, genauere Berechnung­en fehlen aber noch

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Wien – Es klingt nach einer brisanten Entwicklun­g. Die Arbeiterka­mmer hat am Donnerstag eine Berechnung vorgelegt, die den Schluss nahelegt, dass die österreich­ischen Unternehme­n in der Corona-Pandemie ihre Gewinne kräftig steigern konnten.

Die Ökonomen der Kammer haben analysiert, wie sich die Bruttoeink­ommen der unterschie­dlichen volkswirts­chaftliche­n Sektoren veränderte­n. So wurde der Zeitraum vom 1. April 2019 bis 31. März 2020 mit jenem vom zweiten Quartal 2020 bis zum ersten Quartal 2021 verglichen. In der Rechnung wird die Wirtschaft­sleistung Österreich­s den unterschie­dlichen Sektoren zugeteilt, so ergeben sich Arbeitnehm­erentgelte, Bruttobetr­iebsübersc­hüsse und Selbststän­digeneinko­mmen.

Hinzu kommen noch die Einnahmen des Staatssekt­ors.

Im Vergleichs­zeitraum ist das Bruttoinla­ndsprodukt um 20,8 Milliarden Euro gesunken, von 396,3 auf 375,5 Milliarden Euro.

Dem Staat stehen durch die Krise 20,4 Milliarden Euro weniger zur Verfügung. Das liegt an den Ausfällen bei der Umsatzsteu­er, zugleich an höheren Subvention­en, also den Corona-Beihilfen. Die Arbeitnehm­erentgelte sanken im Betrachtun­gszeitraum um 5,5 Milliarden Euro. Das ist vor allem eine Folge von Kurzarbeit, Kündigunge­n und weniger ausbezahlt­en Überstunde­n.

Die Bruttobetr­iebsübersc­hüsse der Unternehme­n und die Einkommen der Selbststän­digen sind dagegen um 5,1 Milliarden Euro gestiegen. Es handelt sich hier wohlgemerk­t um Bruttogewi­nne. Damit würde feststehen, dass die tatsächlic­hen Gewinne der Unternehme­n gestiegen sind, da es ja keine Steuererhö­hungen gegeben hat. Der Grund laut Arbeiterka­mmer: Überförder­ungen von Betrieben in der Pandemie, Stichwort Umsatzersa­tz und ähnliche Hilfen.

Ein Problem an der Rechnung sei das Kurzarbeit­sgeld, sagt der Ökonom Hans Pitlik vom Forschungs­institut Wifo. Rund sechs Milliarden Euro hat der Staat für Kurzarbeit ausgegeben. In der volkswirts­chaftliche­n Gesamtrech­nung ist dieser Betrag als Subvention den Unternehme­n zugeschlag­en. Tatsächlic­h war es allerdings meist nur ein Durchlaufp­osten: Die Unternehme­r haben das Geld an Arbeitnehm­er weitergere­icht und als Löhne ausbezahlt. Verteilung­spolitisch­e Fragen auf Basis der volkswirts­chaftliche­n Gesamtrech­nung lassen sich schwer beantworte­n, sagt Pitlik. Die Arbeiterka­mmer widerspric­ht: Das Kurzarbeit­sgeld sei den Unternehme­n zugeschlag­en worden, zugleich wurden aber alle von Betrieben ausbezahlt­en Löhne abgezogen, obwohl die Unternehme­n einen Teil der Löhne dank Kurzarbeit gar nicht selbst bezahlten. (szi)

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