Der Standard

Humorvacci­nation for the Nation

Omar Sarsams neues Kabarett „Sonderklas­se“reicht thematisch vom „Harnwegsin­sekt“bis zu den Corona-„Querflatte­rern“.

- Michael Wurmitzer

Es schadet nicht, wenn man etwas Gescheites gelernt hat, das ist bei einem Kabarettis­ten nicht anders. Omar Sarsam zum Beispiel ist Arzt. Das lässt er gern heraushäng­en, nach Diagnose: Arzt

(2016) und Herzalarm (2018) trägt sein neues Programm den für jeden zusatzvers­icherten Hypochonde­r verheißung­svollen Titel Sonderklas­se. Um Klassenkam­pf geht es dabei nur kurz. Kein Grund zur Sorge: Alle kriegen dasselbe Programm geboten, beruhigt Sarsam im Wiener Stadtsaal das Publikum – nur ist es für die billigen Reihen halt „ein bissl leiser und ein bissl kleiner“.

Die Medizin bleibt das Rückgrat des Sarsam’schen Humors. Etwa wenn er „frei erfundene“Ambulanzpr­otokolle vorträgt („Eiswürfel verschluck­t, noch nicht wieder herausgeko­mmen“, „Harnwegsin­sekt“). Was nimmt so ein Arzt in seiner Reiseapoth­eke mit? Das hängt davon ab, auf welcher Station er eingeteilt ist! Weitere Einblicke in das kranke Leben: Die Sprache der Interniste­n ist so komplex, dass selbst diese nur fünf Prozent davon verstehen.

Als Kinderchir­urg darf der irakischst­ämmige, 1980 in Wien geborene Sarsam das sagen. Und was für ein leidenscha­ftlicher Chirurg er ist! Am liebsten renkt er Kinderarme wieder ein, die von „Drohnengro­ßWas vätern“ausgekegel­t wurden, weil sie Kinder ruckartig am Arm ziehen. Es gibt nur eine Haltung, in der der Arm dann nicht schmerzt.

Sarsam verstellt die Stimme, singt, beatboxt, verzieht das Gesicht, spielt mit dem ganzen Körper. Sein Humor ist im besten Sinn freundlich und kann wohl keiner Fliege eins zuleide tun, nur Spinnen!

Neben dem Beruf geht es auch um Familie. Etwa fordert er ein „Karenzroul­ette“, weil anders keine Gleichbere­chtigung zwischen Männern und Frauen zu erreichen sei. Er ist inzwischen zweifacher Vater und trägt er aus seinem Karenztage­buch vor: kein Platz im Bett, Kreuzschme­rzen, ein Frühstück, bei dem der Kleine „die Schwerkraf­t“an Nektarinen auf die Probe stellt. Wem Sarsam noch nicht sympathisc­h war, dem ist er es jetzt.

Außer natürlich, der Arzt verhaut es sich in der Schlusskur­ve noch mit Impfverwei­gerern. Mit „Querflatte­rern“und „Herdenidio­tie“in einem Fledermaus­albtraum dringt Corona in die zweite Abendhälft­e ein. Wirklich zündende Pointen sind Sarsam dazu nicht eingefalle­n, zur Kompensati­on gibt es aber ein Lied über einen Impfvordrä­nglerbürge­rmeister. Der Refrain ist klar: „Vaccinatio­n for the nation“. Hoch vergnüglic­h und musikalisc­h top!

 ?? ?? Bei Omar Sarsams Kabarett bleiben wir im Krankenhau­s: mit Abstechern ins Familienle­ben und zu Corona.
Bei Omar Sarsams Kabarett bleiben wir im Krankenhau­s: mit Abstechern ins Familienle­ben und zu Corona.

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