Der Standard

Hitlers österreich­ische Vollstreck­er

Sie waren skrupellos­e Verwalter und Adolf Hitlers Vertrauens­leute in Österreich: die Gauleiter. Eine zweiteilig­e Doku widmet sich diesem noch unterbelic­hteten Kapitel der NS-Täterforsc­hung. Zu sehen am Samstag in ORF 3.

- Oliver Mark

Obwohl sie zur regionalen NSFührungs­elite gehörten, blieben einige von ihnen nach Kriegsende von der Justiz unbehellig­t. Sie waren willige Vollstreck­er des NS-Rassenwahn­s und orchestrie­rten auf ihren Territorie­n die Tötung und Deportatio­n von Juden und anderen Opfern der grausamen NS-Ideologie: die Gauleiter in der sogenannte­n Ostmark.

Sie fungierten als wichtige Räder in der Maschineri­e der Nationalso­zialisten, und dennoch ist ihre Rolle als Hitlers treueste Helfer auf österreich­ischem Boden noch zu wenig erforscht, sagt Regisseur Christian Hager. Um das zu ändern, hat Hager die zweiteilig­e Dokumentat­ion Hitlers österreich­ische Helfer –

Die Gauleiter gedreht. Zu sehen ist sie am Samstag, 25. September, um 20.15 Uhr in ORF 3.

Der Grund für die lückenhaft­e Aufarbeitu­ng liegt für Hager auf der Hand: „Täterforsc­hung auf regionaler Ebene ist ein heikles Thema. Denn sie führt früher oder später ins eigene Bundesland, in die eigene Heimatgeme­inde, vielleicht sogar in die eigene Familie.“

Die Idee zur Dokumentat­ion hatte Hager bereits vor drei Jahren, sagt er dem STANDARD: „Ich wollte schon immer gerne eine TVDokument­ation über die Gauleiter der Ostmark sehen. Es gab aber keine. Also habe ich als Regisseur nun selbst eine gestaltet.“

Friedrich Rainer

Die sieben Reichsgaue entsprache­n territoria­l in etwa den österreich­ischen Bundesländ­ern. Tirol und Vorarlberg wurden zu einem Gau Tirol-Vorarlberg zusammenge­führt, das Burgenland zwischen Niederdona­u (Niederöste­rreich) und der Steiermark aufgeteilt, und Osttirol kam zu Kärnten.

In Kärnten regierte ab 1941 Friedrich Rainer, der zuvor Reichsstat­tnisierung­spolitik halter von Salzburg war. Rainer trat bereits 1923 der SA bei und war vor dem sogenannte­n Anschluss Österreich­s 1938 an Hitler-Deutschlan­d ein illegaler, danach ein glühender Nationalso­zialist, der sich austoben konnte. „Rainer war ein hochgebild­eter Mann und hatte trotzdem diese Brutalität und Kaltschnäu­zigkeit“, sagt der Historiker Ulfried Burz in der Doku über den Juristen und schlagende­n Burschensc­hafter Rainer.

Als Gauleiter von Kärnten verfolgte Rainer eine brutale Germa

gegenüber den Kärntner Slowenen. Nach der Befreiung wurde er an Jugoslawie­n ausgeliefe­rt und 1947 hingericht­et.

„Harte Strafen haben nur jene Gauleiter ausgefasst, die unmittelba­r nach dem Krieg verurteilt wurden“, sagt Hager: „Ab Ende der 1940er-Jahre wurde die Justiz im Umgang mit NS-Verbrecher­n jedoch immer nachsichti­ger. Die Gauleiter, die bis zu diesem Zeitpunkt flüchten oder untertauch­en konnten, haben von dieser Entwicklun­g profitiert.“

Dazu gehörten etwa Sigfried Uiberreith­er (Steiermark) und Franz Hofer (Tirol-Vorarlberg).

August Eigruber

Neben Friedrich Rainer wurde nur August Eigruber hingericht­et. Der gebürtige Steyrer und fanatische Nazi der ersten Stunde war Leiter des neu gegründete­n Reichsgaue­s Oberdonau (Oberösterr­eich). „Er hatte ein besonderes Naheverhäl­tnis

zu Hitler“, sagt Hager über den SS-Mann Eigruber. Oberdonau galt als der „Heimatgau des Führers“. Eigruber war einer der Hauptveran­twortliche­n für die Massenmord­e im KZ Mauthausen und in der Tötungsans­talt Hartheim, wo zunächst das Euthanasie­programm mehr als 18.000 Menschen das Leben kostete und später 12.000 KZHäftling­e sterben sollten. Eigruber wurde im Mauthausen-Hauptproze­ss zum Tode verurteilt.

„Hitler benötigte in den Reichsgaue­n absolut verlässlic­he Gefolgsmän­ner“, sagt Hager: „Somit konnten ausschließ­lich überzeugte Nationalso­zialisten in diese Position kommen.“

Am überrasche­ndsten sei für ihn gewesen, dass österreich­weit nur ein einziges Mahnmal existiert, das sich mit den Verbrechen eines Gauleiters beschäftig­t. Es handelt sich um eine Textinstal­lation des Künstlers Jochen Gerz in Graz.

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Ein Teil der Gauleiter-Riege – v. li.: Hugo Jury (Niederdona­u), Hubert Klausner (bis 1939 Kärnten), Gustav Adolf Scheel (Salzburg) und Friedrich Rainer (zuerst Salzburg, später Kärnten).
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Foto: Fabian Skala Regisseur Christian Hager porträtier­t Hitlers Gauleiter und zeigt ihren Werdegang und ihre Verbrechen.

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