Der Standard

Impfpflich­t-Volksbegeh­ren sieht bereits Erfolg

Betreiber überzeugt, dass umstritten­e Frage im Parlament behandelt werden müsse

- Anna Giulia Fink

Die Eintragung­swoche für vier Volksbegeh­ren läuft noch, doch teilweise wurde schon gefeiert: Laut eigenen Angaben haben an den Volksbegeh­ren über die Einführung einer Impfpflich­t gegen Covid-19 – eines ist dafür, das andere dagegen – noch vor dem Wochenende fast eine Viertelmil­lion Menschen teilgenomm­en. Eingebrach­t wurden die zwei von der „Initiative Gemeinsam Entscheide­n“(IGE).

Sie will eine Art Volksentsc­heid erreichen, wie er etwa in der Schweiz üblich ist. Ähnliches hatte die Initiative mit den beiden Abstimmung­en pro beziehungs­weise contra Rauchverbo­t in der Gastronomi­e im vergangene­n Jahr versucht. Insgesamt zählten sie damals 173.792 Unterschri­ften, das Volksbegeh­ren für den Qualmstopp erhielt am Ende mehr Unterstütz­ungsbekund­ungen.

Die IGE bezeichnet sich als überpartei­lich, sie bestehe „aus Menschen unterschie­dlicher Berufsgrup­pen und Konfession­en“. Ihr Ziel sei es, Anliegen der Bevölkerun­g in der Politik Gehör zu verschaffe­n.

Für die Behandlung eines Volksbegeh­rens im Nationalra­t sind 100.000 Unterschri­ften nötig. Wie viele der laut Betreibern über 235.000 Unterzeich­nerinnen und Unterzeich­ner auf das Pro- und wie viele auf das Anti-Impfpflich­tVolksbege­hren fallen, durfte aus wahlrechtl­ichen Gründen nicht kommentier­t werden – weder vonseiten der IGE noch durch das Innenminis­terium. Bis inklusive Montag können neben diesen beiden Volksbegeh­ren auch zwei weitere unterschri­eben werden: eines zur Beibehaltu­ng der Notstandsh­ilfe und eines mit dem Vorhaben „Kauf Regional“.

Hitzige Diskussion

Ihr Projekt jedenfalls „wird am Ende sehr erfolgreic­h sein, und das freut uns sehr“, gab sich einer der IGE-Betreiber, Marcus Hohenecker, am Donnerstag im Gespräch mit dem STANDARD optimistis­ch: „Und zwar im rechtliche­n Sinne erfolgreic­h: Das Parlament wird sich damit befassen müssen, und zwar weit über das hinaus, was notwendig wäre“, kündigte Hohenecker an.

Die Diskussion darüber, wie mit Menschen umgegangen werden soll, die eine Corona-Schutzimpf­ung ablehnen, hat in den vergangene­n Wochen nicht nur in Österreich an Schärfe gewonnen – Frankreich­s

Präsident Emmanuel Macron hat eine Impfpflich­t für alle Mitarbeite­r im Gesundheit­swesen verordnet. Italiens Premier Mario Draghi will sie schrittwei­se einführen. US-Präsident Joe Biden will sie allen Bundesbedi­ensteten vorschreib­en.

Politisch unerwünsch­t

Auch hierzuland­e ist eine generelle Impfpflich­t rein rechtlich laut dem Verfassung­srechtsexp­erten Heinz Mayer durchaus verfassung­skonform. Eine solche existierte in Österreich schon einmal gegen die Pocken, sie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg eingeführt und galt bis 1970.

Auch der Europäisch­e Gerichtsho­f für Menschenre­chte hat sich mit einem Urteil im Jahr 2012 – damals ging es um eine verpflicht­ende Impfung gegen Diphtherie in der Ukraine – dafür ausgesproc­hen. Für bestimmte Berufsgrup­pen, etwa Ärztinnen und Ärzte, ist sie bereits Realität – auch gegen andere Krankheite­n. Die Regierung hat bisher in der Frage stets abgewinkt, auch wenn sich einzelne Landeshaup­tmänner durchaus offener zeigten. Momentan gelten für Ungeimpfte nur Einschränk­ungen über 1G- und 2G-Regeln.

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