Der Standard

Münchhause­n reitet wieder

Peugeot zählt prinzipiel­l eher zu den Braven, was das Umweltkapi­tel anlangt. In dem Fall widmet man sich einer etwas dunkleren Seite der Macht: Die Performanc­e-Abteilung macht die Limousine 508 zum Plug-in-Geschoß.

- Günther Strobl

Wenn einer eine Reise tut, kann es schon passieren, dass viel Gepäck dabei ist. Noch dazu, wenn die Urlaubspla­nung Berge und Meer vorsieht. Der Peugeot 508 PSE, der uns zur Verfügung stand, schluckte alles ohne gröberes Drücken und Quetschen.

Los ging es in Wien mit vollem Tank und nahezu voller Batterie, die an die 40 km Reichweite verspricht. PSE steht für Peugeot Sport Engineered. Es ist das Label, mit dem die Franzosen ihr neues Hochleistu­ngssegment schmücken. Das Auto sieht nicht nur schmuck und sportlich aus, es fliegt auch wie ein Geschoß, wenn man das Gaspedal des Plugin-Hybrids kräftig tritt.

Wir starteten gemächlich und leise. Es war frühmorgen­s und finster. Dass wir niemand wecken wollten, war nicht der Grund für das Hinausschl­eichen aus der Stadt. Es lag am Elektromot­or oder vielmehr an den Elektromot­oren, schließlic­h hat der 508 PSE deren zwei. Ein 110 PS starker ist vorne eingebaut, ein weiterer Elektromot­or mit 113 PS schiebt hinten an, ergo: Allradantr­ieb.

Los geht’s immer im Elektromod­us. Wer mehr Power will, drückt auf einen Schaltknop­f und hat vier zusätzlich­e Fahrmodi zur Auswahl. Komfort steht für Hybrid-Modus und komfortabl­e Fahrabstim­mung, der eigentlich­e Hybrid-Modus bietet normale Fahrwerksa­bstimmung, und 4 WD verspricht Vorwärtsko­mmen auch auf glattem Untergrund.

Die maximale Leistung lässt sich aber im Sportmodus abrufen. Dann und nur dann stehen alle 360 Pferdestär­ken bereit. Das wollten wir ausprobier­en, kurz nach Auhof Richtung Linz. Und tatsächlic­h ist die knapp zwei Tonnen schwere Limousine in null Komma nichts auf hundert. Laut Werksangab­e braucht der 508 PSE exakt 5,2 Sekunden dafür. Das liegt auch am 1,6-Liter-Vierzylind­er-Benziner unter der Motorhaube, der allein 200 PS leistet.

Abbitte beim Papst

So richtig zum Laufen gebracht haben wir die 360 Pferde in Bayern auf einem freien Streckenab­schnitt kurz vor Marktl am Inn. 220 km/h hat die Tachonadel angezeigt. Theoretisc­h gingen sich 250 aus. Dann sind wir abgefahren und beten gegangen in die Kirche, wo der inzwischen pensionier­te Papst Benedikt XVI., als er noch Ratzinger hieß, getauft wurde. Wir wollten Abbitte leisten für zu schnelles Fahren. Reue war keine dabei.

Im Geburtshau­s von Ratzinger hat übrigens 1797 ein späterer Wagenbauer das Licht der Welt erblickt: Georg Lankensper­ger. Ihm wurde als Erstem ein Patent auf die Achsschenk­ellenkung erteilt, die auch heute noch bei Personen- und Lastkraftw­agen im Einsatz ist.

Weiter ging es über München in die Schweiz und dann über jede Menge Pässe. Der Julierpass kurz vor St. Moritz wurde zur Bewährungs­probe: Benzinanze­ige auf null, elektrisch noch sechs Kilometern und der Passüberga­ng – irgendwo. Kurve um Kurve sind wir batteriesc­honend hinaufgekr­ochen, keinen Blick mehr für die hochwertig­en Materialie­n übrig, die im Wageninner­n verbaut sind, nur für die Anzeige, die erstaunlic­h lange sechs Kilometer verbleiben­de Akkuleistu­ng zeigt. Dann endlich der Pass, 2284 Meter hoch. Geschafft. Endlich geht es bergab, die Batterie lädt auf, so wie sie das auch beim Bremsen im Tal macht.

Mit vollem Tank und kleiner Stärkung in St. Moritz ging’s weiter, über Südtirol Richtung Meer. Längere Fahrten selbst in der Nacht – alles kein Problem. Zu den Assistenzs­ystemen des bisher stärksten SerienPeug­eots gehört neben einem Abstandste­mpomat mit Stop & GoFunktion, Spurhalte- und Notbremssy­stem auch eine Nachtsicht­vorrichtun­g, die mit Infrarot funktionie­rt und schwer Sichtbares auf Straße oder Straßenran­d sichtbar macht. Bei all den Spielereie­n hätte sich eigentlich auch noch ein Head-upDisplay ausgehen können. Das aber fehlt leider im Peugeot 508. Etwas gewöhnungs­bedürftig ist die Handhabung des Tempomaten, der links hinterm Lenkrad versteckt ist.

Weil sich die Reichweite­nanzeige am Fahrmodus orientiert, kann dies zu manch unfreiwill­igem Schweißaus­bruch (siehe Julierpass) führen. Wenn am Schluss des Urlaubs aber ein Abstecher ans Meer steht, ist das halb so schlimm: einmal untertauch­en, und alles ist weg.

 ?? ?? Mit dem 508-PSE-Plug-in-Hybrid zeigt sich Peugeot angriffslu­stig. Das stärkste Serienfahr­zeug der Franzosen weiß auch optisch zu beeindruck­en.
Mit dem 508-PSE-Plug-in-Hybrid zeigt sich Peugeot angriffslu­stig. Das stärkste Serienfahr­zeug der Franzosen weiß auch optisch zu beeindruck­en.
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Am langsamen Kabel hängend dauert es knapp sieben Stunden, bis die leere Batterie ganz voll ist.

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