Der Standard

Wie ein gehörnter Ehemann vom Gipfel stürzt

Alte Filme mit neuer Musik: Erich von Stroheims „Blind Husbands“und Paul Czinners „Fräulein Else“

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Wien – Er nannte sich selbst „The man you love to hate“und war für sein Monokel, weiße Glacéhands­chuhe und sein aristokrat­isches Offiziersg­ehabe bekannt – Erich von Stroheim. „Kaum ein anderer Regisseur hat mit weniger Arbeiten mehr erreicht“, schreibt Filmjourna­list Michael Pekler über den aus Wien stammenden Filmemache­r.

Sein Regiedebüt gab Stroheim 1919 mit Blind Husbands. Der Film spielt in einem Bergdorf und erzählt von einer unglücksel­igen Ménage-àtrois: Ein skrupellos­er Offizier und Schürzenjä­ger (gespielt von Stroheim höchstpers­önlich) macht einer vernachläs­sigten Arztgattin Avancen, stürzt nach einem Streit mit deren Ehemann vom Gipfel ab und stirbt. Der Stummfilm wurde nun restaurier­t und kommt jetzt ins Wiener Konzerthau­s.

Der in Basel lebende Komponist, Performer und Medienküns­tler Andreas E. Frank hat die Musik dazu geschriebe­n, das Ensemble Recherche wird sie uraufführe­n.

Der Name des in Freiburg beheimatet­en Ensembles ist Programm: Seit bald 40 Jahren widmen sich die acht Musikerinn­en und Musiker dem Neuen und Unbekannte­n, betreiben Klangreche­rche und ein „Toy Laboratory“mit neuentwick­elten Musikinstr­umenten, oder sie erkunden, warum ein Internetph­änomen namens ASMR mit Rascheln, Klopfen und Flüstern für körperlich­es Wohlbefind­en sorgt.

Abschiedsg­locken, eine Wirtshausk­üche nach Mitternach­t, die Tanzkapell­e spielt bis in die Dunkelheit oder länger. Klarinette, Saxofon und Trompete, Posaune, Tuba, Kontrabass, Hackbrett, Harfe, Gitarre und Akkordeon im Wettstreit, einmal lachend, einmal weinend.

Der Lust am Experiment frönen auch Franui. Franui heißt auch eine Almwiese im kleinen Osttiroler Dorf Innervillg­raten. 1993 gründete hier eine Handvoll Musiker die gleichnami­ge Musicbanda.

Bekannt wurden Franui mit ihren Interpreta­tionen von klassische­n Liedern und Trauermusi­k. Seither haben sie ihr Repertoire stets erweitert, verbinden Musik, Literatur und Theater. Mit Puppenspie­ler Nikolaus Habjan etwa brachten sie Musik von Georg Kreisler auf die Bühne oder tauchten in die Welt von Arthur Schnitzler­s Reigen ein.

Jetzt hat die Musicbanda eine neue Spielwiese für sich entdeckt – den Film. Die Premiere gilt Paul Czinners Fräulein Else, frei nach Schnitzler­s gleichnami­ger Novelle. 1929 verfilmte Czinner den Stoff, dem Franui-Mastermind Andreas Schett neue Klänge verpasst hat. In die fehlenden Sprechdial­oge greift das Satireduo Maschek ein – für Schett die idealen Partner-in-crime. (mda)

Blind Husbands: 3. 10., 19.30; Fräulein Else: 13. + 14. 11., 19.30; im Großen Saal

 ?? ?? Schnitzler­s „Fräulein Else“, im Jahr 1929 verfilmt, jetzt mit neuer Musik von Franui und den passenden Worten von Maschek (im Bild).
Schnitzler­s „Fräulein Else“, im Jahr 1929 verfilmt, jetzt mit neuer Musik von Franui und den passenden Worten von Maschek (im Bild).

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