Umweg, Einkehr, Umkehr
Selbst passionierten Fußgängern verlangen die Erzählungen vom Beschreiten und Bezwingen des Jakobswegs beachtlich Respekt, Anerkennung und Bewunderung ab. Den persönlichen Helden des Autors dieser Zeilen, den lieben Freunden R und C, die erst kürzlich, nach ihrer nunmehr zweiten großen spirituellen Pilgerreise ins Reich der inneren Harmonie auf zweierlei Pfaden vom Norden und vom Süden nach Santiago de Compostela zurückgekehrt sind, sei dieser Text gewidmet. Dem (sehr) kleinen Bruder des großen Jakobswegs in der sengenden Hitze Spaniens widmet Fotograf Reinhard Mandl ein Büchlein. Zu Fuß beschritt er von Mikulov nach Krems an der Donau den Jakobsweg Weinviertel. Einst erstreckte sich über ganz Europa ein weitverzweigtes Netz historischer Pilgerpfade. So unterschiedlich ihre Ausgangspunkte auch waren, sie alle hatten dasselbe Ziel: das Grab von Apostel Jakobus dem Älteren in Santiago de Compostela. Aufgrund des Mythos, den der Jakobsweg bis heute versprüht, kam es in den vergangenen Jahrzehnten in vielen europäischen Regionen zu einer Wiederbelebung dieser uralten Wege. Der 2010 zu neuem Leben erweckte Jakobsweg Weinviertel beginnt in der südmährischen Grenzstadt Mikulov, auf österreichischer Seite in Drasenhofen. Über Falkenstein, Poysdorf, Mistelbach, den Buschberg und den Michelberg führt der Weg quer durch das Weinviertel bis Stockerau und weiter entlang der Geländekante des Wagram bis nach Krems an der Donau, wo der abwechslungsreiche Pilgerweg nach 153 Kilometern in die Hauptroute des Jakobswegs Österreich einmündet. Mandl, Jahrgang 1960, zeichnet feinfühlig auf seinen fein collagierten Tableaus nach, welch reale Bedeutung der konfuzianischen Weisheit vom „Weg als Ziel“innewohnt.
Reinhard Mandl, „Jakobsweg Weinviertel“. € 24,90 / 136 Seiten. Edition Winkler-Hermaden, Schleinbach 2021