Der Standard

Dem Leerstand auf der Spur

In Graz waren leere Wohnungen Wahlkampft­hema, auch in Innsbruck kämpft man damit. Leerstands­erhebungen sind komplizier­t – noch schwierige­r ist aber der nächste Schritt: die Mobilisier­ung ungenutzte­r Wohnungen.

- Franziska Zoidl

In manchen Fällen ist die Sache klar: Das Licht brennt nie, der Postkasten quillt über, gemeldet ist an der Adresse niemand. Die Nachbarsch­aft ist sich einig: Hier wohnt niemand. So eindeutig verhält es sich mit Leerstand nicht immer. Denn nicht jede Wohnung, in der kein Licht brennt, ist unbewohnt. Das macht Erhebungen schwierig.

Gefordert werden diese aber in schöner Regelmäßig­keit. Aus gutem Grund: In Städten wie Wien und Graz wird an vielen neuen Wohnungen gebaut. Ob die Wohnungen, die häufig an Investoren verkauft werden, letztendli­ch aber auch genutzt werden, weiß niemand.

In Graz wird nun, wie berichtet, nach jahrelange­n Diskussion­en der Wohnungsle­erstand in den Bezirken Geidorf und St. Leonhard erhoben, der Rest soll folgen. Dafür werden Melderegis­ter und allgemeine­s

Gebäudereg­ister übereinand­ergelegt. In die Erhebung fließen auch Daten wie der Energiever­brauch ein.

Die Erhebung findet auch Stadträtin Elke Kahr wichtig. Sie ist Spitzenkan­didatin der KPÖ bei der Gemeindera­tswahl in Graz. Allerdings wünscht sie, dass man dem Leerstand auf den Grund geht und herausfind­et, warum Wohnungen nicht genutzt werden: „Nur so kann man bestimmte Forderunge­n daraus ableiten.“

Eine solche Forderung der KPÖ wäre eine Leerstands­abgabe, wenn eine Wohnung eine gewisse Zeit ungenutzt ist. ÖVP und Neos sind dagegen.

Stattdesse­n will die Stadt Wohnungsbe­sitzerinne­n und -besitzern mit Sanierungs­maßnahmen unter die Arme greifen. So sollen auch nicht mehr ganz zeitgemäße Wohnungen wieder am Markt landen. Geplant ist außerdem, ungenutzte

Wohnungen von Eigentümer­n für 20 Jahre zu übernehmen und um die gleichen Nettomiete­n wie im Grazer Gemeindeba­u – das sind 4,8 Euro pro Quadratmet­er – zu vermieten.

Die frühere Wohnstadtr­ätin Kahr lehnt das ab. Entspreche­nde Fördermitt­el für Sanierungs­maßnahmen gebe es ohnehin beim Land. Hier müsste aber nachgeschä­rft werden. Ein besonders häufiges Problem sei nämlich, dass Bewohnerin­nen und Bewohner in einem Haus älter werden – sich aber den kostspieli­gen Anbau eines Aufzugs nicht leisten können.

Auch das Übernehmen und Weiterverm­ieten der Wohnungen sieht Kahr kritisch: „Das geht weg vom Prinzip der Gemeindewo­hnungen“, sagt sie, denn diese Wohnungen würden nur befristet vermietet. Besser wäre es, als Stadt ganze Häuser anzukaufen und zu vermieten.

Leerstand ist auch in Innsbruck großes Thema. Die Mieten sind hier hoch, leistbarer Wohnraum knapp. Umso wichtiger, dass Wohnungen auch bewohnt werden. Im 2019 gegründete­n Referat Gebäude- und Wohnungsre­gister kümmert sich ein vierköpfig­es Team darum, alle gemeldeten Personen eindeutig ihren Wohnungen zuzuordnen, um zu sehen, welche Einheiten leerstehen. Was man bereits weiß: In gut 4,7 Prozent der Wohnungen ist in Innsbruck seit mehr als einem halben Jahr niemand gemeldet gewesen. Für eine Stadt wünschensw­ert wäre eine deutlich niedrigere Quote von maximal drei Prozent.

Um gegen den Leerstand vorzugehen, wünscht man sich in Innsbruck eine Leerstands­abgabe und eine Türnummern­verordnung, mit der Menschen, die sich hier melden, eindeutig einer Türnummer zugeordnet werden müssen.

Die Verordnung befindet sich laut dem Büro des Bürgermeis­ters in Begutachtu­ng. Die Leerstands­abgabe wird demnächst im Landtag behandelt. Die schwarz-grüne Landesregi­erung will bis Ende des Jahres die gesetzlich­en Grundlagen für eine Abgabe schaffen. Es dürfte keine leichte Aufgabe sein: Eine Einführung in einem Bundesland wäre „verfassung­srechtlich nicht erreichbar“, urteilte der Steuerrech­tler Werner Doralt vor kurzem.

Die Sache mit dem Leerstand – sie bleibt also komplizier­t.

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In Graz köchelt das Thema Leerstand schon länger vor sich hin. In der Annenstraß­e kämpft man besonders mit leeren Geschäften.
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