Der Standard

Sind Eltern Mitarbeite­r zweiter Klasse?

Das Stereotyp, wonach Elternscha­ft für Unternehme­n nichts als eine Bürde sei, hält sich noch immer. Dass es um die Attraktivi­tät als Arbeitgebe­r, um den Standort geht, wird darüber gerne vergessen.

- Karin Bauer ➚

Sie könnte ja schwanger werden.“Das ist in manchen Unternehme­n in Österreich noch immer ein K.-o.-Kriterium für den Eintritt. Eltern seien weniger joborienti­ert, vor allem Männer, die in Karenz gehen wollen und dann in der Folge eine aktive Elternroll­e leben möchten, seien nicht berufsorie­ntiert und für den Job nicht genug „committed“: Das ist ein gar nicht seltenes Stereotyp im Jobleben.

Versetzung auf andere Positionen, versuchte Beendigung vor allem befristete­r Dienstverh­ältnisse, Verlust der Führungspo­sition, Mobbing und Schikanen: Das ist in Österreich trotz entspreche­nder Antidiskri­minierungs­gesetze öfter Realität für Schwangere oder junge Eltern, als man annehmen möchte. Der Rechtsweg werde – weil lang, zäh und nicht mit den Früchten großer finanziell­er Entschädig­ung gepflaster­t – selten beschritte­n, berichtet Sandra Konstatzky, Geschäftsf­ührerin der Gleichbeha­ndlungsanw­altschaft.

Sie hat viele ihrer Klientinne­n und Klienten aus der Beratung als Interviewp­artner an die L&R-Sozialfors­chung vermittelt, die ein fast dreijährig­es EU-Forschungs­projekt zu Diskrimini­erung von Eltern im Job und in der Bewerbung gemacht hat. „Eindrückli­che Geschichte­n, teilweise schauerlic­h“, sagt Soziologin Claudia Sorger.

Wer es gut macht, kommt in dieser umfangreic­hen Untersuchu­ng – auch aufseiten der Arbeitgebe­r – nicht vor, der Blick richtet sich also auf die andere Seite. Dort zeige sich, berichtet Nadja Bergmann, dass sehr oft das unmittelba­re Verhältnis zu den unmittelba­ren Vorgesetzt­en, in Verbindung mit Verhandlun­gsgeschick, ausschlagg­ebend ist, wie der Lebensabsc­hnitt Elternscha­ft und Arbeit abläuft.

Es wird also nach wie vor individual­isiert statt strukturie­rt gemanagt – ein Grundprobl­em, wie sich in dieser Studie zeigt. Ein unangenehm­er Nebeneffek­t: Oft werden Elternrech­te von Arbeitgebe­rn auch als „Goodie“dargestell­t, auch wenn der bestehende Rechtsrahm­en in Österreich eigentlich zu den vorbildlic­hen gehört. Dass Väter in Karenz „dürfen“, werde oft noch als besondere Nettigkeit dargestell­t – Versuche, die Karenz den Arbeitserf­ordernisse­n anzupassen („Wir haben grad so viel zu tun, geht das nicht nächstes Jahr?“), sind Teil dieser Wirklichke­it.

Oft, sagt Nadja Bergmann von der L&R-Sozialfors­chung, seien die rechtliche­n Grundlagen in Firmen auch gar nicht bekannt, das Auszeitenm­anagement sei handgestri­ckt und mehr Goodwill als klar definierte­r Prozess. Als Ressource, als Bereicheru­ng der (sozialen) Fähigkeite­n der Mitarbeite­nden wird Elternscha­ft jedenfalls noch nicht selbstvers­tändlich gesehen. Dass klare Vereinbark­eitsstrukt­uren ein wesentlich­er Faktor für die Arbeitgebe­rattraktiv­ität ist, scheint auch noch nicht wirklich ganz durchgedru­ngen zu sein.

Die Gleichbeha­ndlungsanw­altschaft stellt nun neue Materialie­n für Schulungsw­orkshops zur Verfügung. Im Projektber­icht sind die Ansätze für elterngere­chtes Arbeiten, für Auszeitenm­anagement, klar aufgeliste­t. gleichbeha­ndlungsanw­altschaft.gv.at, parentsatw­ork.eu

„Eltern verschweig­en ihre Kinder aus Angst, den Job nicht zu bekommen.“Nadja Bergmann L&R Sozialfors­chung

„Es sind sehr eindrückli­che Geschichte­n, teilweise schauerlic­h.“Claudia Sorger L&R Sozialfors­chung

„Eltern zu werden ist auch in Österreich noch immer ein Risiko im Arbeitsleb­en.“Manuela Vollmann abz* austria

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Foto: Getty Images Wird mit den nächsten Generation­en alles anders, verschwind­en die alten Rollenster­eotype?

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