2. „Wie besteuern wir CO2 am besten?“
Die Liste der Forderungen wird täglich länger. Die Mieter müssten bei der geplanten CO₂-Steuer jedenfalls unterstützt werden, und den Pendlern sei die Mehrbelastung auch nicht zumutbar. Die Aufzählung ließe sich nahezu unbegrenzt verlängern, beinahe stündlich kommen Vorschläge von Politikern. Dabei steht noch nicht einmal fest, wie hoch der Einstiegspreis bei der geplanten Besteuerung fossiler Brennstoffe in den Bereichen Verkehr und Gebäude (Hausbrand) tatsächlich sein wird.
Die 25 Euro pro Tonne, mit denen Deutschland gestartet ist, sind den Grünen zu wenig, wie man hört. Man könne nicht unter dem aktuellen Preis des nördlichen Nachbarn anfangen, denn dort steigt der Preis stufenweise bis 2026 und beträgt im Jahr 2022 bereits 30 Euro. Dass die AustroGrünen ambitionierter vorgehen wollen, liegt auf der Hand. Denn auch die deutsche Schwesterpartei kritisierte den Startpreis als zu niedrig, die große Koalition in Berlin ließ sich – vor allem die SPD pochte darauf – davon aber nicht abbringen.
Das Tauziehen in Österreich ist also voll in Gang. Denn der massive Handlungsbedarf in den Sektoren Verkehr und Gebäude ist unbestritten. Mit einem stufenweisen Anstieg, um Verbraucher fossiler Brennstoffe sowie Energieproduzenten und Verkäufer in die Gänge zu bringen, ist die Regierung zumindest nicht auf dem falschen Weg. Das empfehlen Experten und auch die Weltbank.
Echte Anreize zur Vermeidung von Treibhausgasausstoß gehen von einem CO₂-Aufschlag im Centbereich freilich nicht aus. Denn derartige Schwankungen sind Verbraucher gewohnt, die Weltmarktpreise für Heizöl, Benzin, Diesel und Erdgas steigen und fallen ständig, und es nimmt kaum jemand Notiz davon.
Bei 25 Euro wären es knapp sieben Cent, die auf den Literpreis für Treibstoff aufgeschlagen würden. „Das liegt unter den Schwankungen an Tankstellen“, rechnete Wifo-Umweltökonomin Angela Köppl laut APA vor. 13 Cent machte der Aufschlag bei einem CO₂-Preis von 50 Euro aus – das wäre schon eher spürbar, zumal es sich, auf gut Österreichisch, zusammenläppert.
Fixpreis und Zertifikate
Auf Schiene scheint in Verhandlungskreisen die grundsätzliche Vorgangsweise zu sein: Neben einem Fixpreis, der von Jahr zu Jahr steigt, soll in Österreich ein eigenes Emissionshandelssystem eingerichtet werden, dem Mineralölfirmen, Heizölhändler und Gasimporteure unterworfen werden. Diese Unternehmen müssten bei einer erst einzurichtenden Stelle pro Tonne CO₂-Emissionszertifikate kaufen, diesfalls zu einem (politisch) festgelegten Fixpreis.
Um den so erzeugten CO₂-Preis (künstlich) zu erhöhen und damit Anreize zu schaffen – oder um Druck auszuüben –, die Heizung des Einfamilienhauses von Öl oder Gas auf Wärmepumpe oder Pellets umzustellen, wird die in Umlauf befindliche Zahl an CO₂-Zertifikaten jedes Jahr gekürzt.
Ab 2026 käme dann eine Zäsur, zumindest nach der Regie der EU-Kommission. In diesem Jahr wäre der CO₂-Preis dann nicht mehr national und auf den Cent kalkulierbar, denn ab dann soll dieser nationale CO₂Preis einen Marktwert bekommen. Denn nach dem Willen der EU-Kommission soll mit dem Green Deal ein zweites europaweites Handelssystem für Zertifikate aufgesetzt werden. Dieses neue System für Verkehr und Gebäudesektor ist nicht zu verwechseln mit dem seit 2005 bestehenden Emission Trading System (ETS) für Industrie und Energieversorger.
Nun übertrumpfen sich Politiker aller Couleur bei Vorschlägen für Entlastungsmaßnahmen. Denn die staatlich verordneten Preissteigerungen kommen zu Mineralölund motorbezogener Versicherungssteuer noch hinzu. Heizgas und -öl werden ab Jänner zudem mit Zuschlägen für den Ausbau der erneuerbaren Energien verteuert. Entlastungen sind notwendig, weil die Haushalte die Kosten der Wärmedämmung und für den Weg zur Arbeit mit dem Auto (wo es keine oder zu wenige Öffis gibt), nicht schultern können.
Die Vermeidungskosten, wie Wärmedämmung oder Heizungstausch, sind ungleich höher als in der Energie- oder Spritverbrennung, sagt Wifo-Umweltökonomin Claudia Kettner-Marx. Deshalb seien Ausgleichsmaßnahmen wie ein Ökobonus – die Grünen nennen ihn bereits Klimabonus – unerlässlich. Die Umrüstung werde ohne Investitionsförderung für einkommensschwache Haushalte nicht passieren. Die Kosten schlagen bis auf die Mieten durch, denn Hausbesitzer werden Wärmedämmung, Umrüstung auf grüne Fernwärme oder Grüngas auf die Mieter überwälzen.
Die Pendlerpauschale steht als Speckgürtelförderung, die Zersiedelung und Bodenversiegelung vorantreibt, in der Kritik. Wie lange sie erhalten bleibt, ist unklar. Noch will die ÖVP die Steuerbegünstigung in Flächenbundesländern wie der Steiermark, Ober- und Niederösterreich aufrechterhalten. Sie könnte dann „Mobilitätsbonus für die Landbevölkerung“heißen.