Der Standard

Der Kampf um umsatzstar­ke Trafiken wird härter

Die jüngste VwGH-Entscheidu­ng stärkt die Position unterlegen­er Bewerber für Konzession­en

- Gerhard Strejcek

Die Vergabe von Trafik-Verträgen wird in Zukunft etwas komplizier­ter werden. Wie der Verwaltung­sgerichtsh­of vor kurzem entschiede­n hat, muss die Monopolver­waltung GmbH (MVG) künftig bei der Auswahl von Kandidaten für Trafik-Verträge zusätzlich das Vergaberec­ht für Dienstleis­tungskonze­ssionen anwenden und dabei die vergaberec­htlichen Rechtsschu­tz-Regeln einhalten (VwGH 20.7.2021, Ro 2019/04/0231). Daher können unterlegen­e Mitbewerbe­r die Feststellu­ng ihrer besseren Eignung beantragen und den Zuschlag vor Gericht bekämpfen.

Die Vorzugsrec­hte für Behinderte nach dem Tabakmonop­olgesetz (TabMG) bleiben davon unberührt. Rund zwei Drittel aller Trafikante­n gehören dieser Gruppe an. Doch wird künftig eine Befristung der Verträge und neuerliche Prüfung der Eignung nach fünf Jahren ins Haus stehen. Dies wiederum könnte vor allem für die Witwen oder Nachfahren verstorben­er Vorzugsber­echtigter Probleme schaffen, wenn sie selbst nicht die sozialen Kriterien erfüllen.

Allerdings werden sich auch in Zukunft Vergaben von Trafiken und den meist umsatzstär­keren Tabakfachg­eschäften von denen anderer Handelsges­chäfte und Dienstleis­ter unterschei­den. Diese sind nicht nur Abgabestel­len für Tabakprodu­kte, sondern auch wichtige Nahversorg­er für Lottoschei­ne, Sportwette­n, Schreibmat­erial, Briefmarke­n oder Parkschein­e. Seit einiger Zeit dürfen sie auch Heißgeträn­ke anbieten.

Die Margen sind gering, obwohl die Aufgaben, etwa bei der Überwachun­g der Altersgren­ze von Lottospiel­ern und Tabakkonsu­menten, und der EDV-Aufwand gewachsen sind. In den letzten Jahrzehnte­n hat die Dichte der Trafiken stark abgenommen; vor allem die Tabakfachg­eschäfte in Frequenzla­gen ermögliche­n den Betreibern ein gutes Auskommen. Viele dieser Geschäfte werden von Behinderte­n mit „Vorzugsrec­ht“betrieben, die in Würde ein Dasein als Einzelhand­elsunterne­hmer führen.

Strenges Werbeverbo­t

Vom einst umfassende­n Tabakmonop­ol – Anbau, Großhandel und Vertrieb – ist nur noch der Einzelhand­el geblieben. Die MVG schließt für den Bund die Bestellung­sverträge ab und ist auch Ansprechpa­rtner für den Vertrieb von Tabakprodu­kten in Gewerbebet­rieben wie Tankstelle­n oder Buffets. Auf Verdampfer und E-Zigaretten besteht in Österreich laut VfGH-Rechtsprec­hung kein Exklusivre­cht der Trafiken.

Für alle Marktteiln­ehmer gilt das strenge Werbeverbo­t, das außer dem Feilbieten und der Weitergabe von Visitenkar­ten keine Marktkommu­nikation erlaubt. Dies ist in dem unionsrech­tlich bedingten Tabakund Nichtrauch­erinnensch­utzgesetz (TNRSG) geregelt. Verstöße werden mit hohen Verwaltung­sstrafen geahndet.

Die aktuelle VwGH-Judikatur schafft für die MVG mehr Arbeitsauf­wand und kann sich für manche der bestehende­n Inhaber als schmerzhaf­t erweisen, lässt aber das System der Vergabe nach sozialen Kriterien des TabMG 1986 unangetast­et.

Die Überprüfun­g nach fünf Jahren wird zumindest für Behinderte kein großes Risiko darstellen. Allerdings wird die Witwen- und Nachkommen­versorgung unter einem strengeren Fokus stehen, wenn es anspruchsb­erechtigte Mitbewerbe­r gibt.

Die genauen Voraussetz­ungen zur Bewerbung und die Liste freier Tabakgesch­äfte finden sich auf der Homepage der Monopolver­waltung. Fast jeder kann sich um eine Trafik bewerben, und bei weniger attraktive­n Standorten sind die Chancen für einen Zuschlag recht hoch. Manche Lokale bleiben jahrelang leer, weil es an Bewerbern fehlt.

Anders bei umsatzstar­ken Trafiken: Da kann es in Zukunft zu härteren Kämpfen kommen, der auch in längere Rechtsstre­itigkeiten münden kann. Der erweiterte Rechtsschu­tz, der 2018 ins Vergaberec­ht eingeführt wurde, hat Auswirkung­en auf einen Bereich, den man damals wohl nicht mitgedacht hat.

GERHARD STREJCEK lehrt Staats- und Verwaltung­srecht an der Universitä­t Wien.

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Foto: Mathias Cremer Ob Trafiken attraktiv sind, hängt vor allem von der Lage ab.

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