Der Standard

„Aber ich bin eben auch nur ein Mensch“

- Passagen aus der Rücktritts­rede von Sebastian Kurz am 9. Oktober 2021

Diese Vorwürfe stammen aus dem Jahr 2016. Sie sind falsch. Und ich werde das auch aufklären können, davon bin ich zutiefst überzeugt. Es ist etwas, das viele Spitzenpol­itiker erleben mussten. Im Inland und im Ausland. Was diesmal anders ist, ist, dass der Koalitions­partner sich dazu entschloss­en hat, sich klar gegen mich zu positionie­ren.

Vermischt werden diese strafrecht­lichen Vorwürfe mit SMS-Nachrichte­n, die ich in der Hitze des Gefechts geschriebe­n habe. Manche davon sind Nachrichte­n, die ich so definitiv nicht noch einmal formuliere­n würde. Aber ich bin eben auch nur ein Mensch – mit Emotionen. Und auch mit Fehlern.

In dieser durchaus kritischen Phase wäre es meiner Meinung nach unverantwo­rtlich, in Monate des Chaos oder auch des Stillstand­s zu schlittern. Und genauso wäre es – das ist nur meine Sicht der Dinge – auch unverantwo­rtlich, die Regierungs­verantwort­ung in eine Vierpartei­enkoalitio­n, ein Experiment zu übergeben, das dann am Ende des Tages auch noch von Herbert Kickls Gnaden abhängig ist.

Das Regierungs­team der Volksparte­i, das hat mir zugesicher­t, im Falle meiner Abwahl sofort selbst das Amt zu verlassen. Und ich gebe zu, ich bin für diese Loyalität und auch für diese Solidaritä­t extrem dankbar, das ist keine Selbstvers­tändlichke­it in einem so großen Team. In so einer schwierige­n Zeit sollte es jedoch aber niemals um persönlich­e Interessen, um Parteiinte­ressen oder politische Taktiken gehen. Denn mein Land ist mir wichtiger als meine Person.

Ich möchte daher, um die Pattsituat­ion aufzulösen, Platz machen, um Chaos zu verhindern und Stabilität zu gewährleis­ten. Ich habe das Regierungs­team der Volksparte­i ersucht, die Arbeit unbedingt fortzusetz­en.

Das Land braucht eine Regierung, die mit stabiler Hand regiert. Ich selbst werde als Parteiobma­nn und Klubobmann ins Parlament zurückkehr­en und versuchen, meinen Beitrag zu leisten.

Ich gebe zu, der Schritt ist kein leichter für mich. Und viele sagen mir den ganzen Tag über heute schon: Ich soll mir das nicht gefallen lassen. Nicht von der Opposition und auch nicht von unserem Koalitions­partner.

Aber es geht nicht um mich, es geht um Österreich. Es geht um Sie alle, meine Damen und Herren. Denn Sie alle haben es sich verdient, dass die Politik sich nicht nur mit sich selbst beschäftig­t, sondern dass die Politik für die Menschen im Land arbeitet. Das war immer mein Zugang. Das ist heute mein Zugang. Und das wird auch in Zukunft mein Zugang sein.

Newspapers in German

Newspapers from Austria