Der Standard

Genosse Gemeinwohl

- Birgit Baumann SECHSTEILI­GE NDR-POLIT-DOKU ÜBER SPD-VIZE KEVIN KÜHNERT

Irgendwann braucht es in der unendliche­n Abfolge von Interviews, Reden und Strategieb­esprechung­en – in all dem, was man also Politik nennt – eine Standortbe­stimmung. Sie habe es so verstanden, sagt eine Mitarbeite­rin zu SPD-Vize Kevin Kühnert: „Du willst mehr Gemeinwohl-Kevin sein, weniger Hoffnungst­räger-Kevin.“

Dabei hätte es für den ehemaligen deutschen Juso-Chef noch passendere Bezeichnun­gen gegeben: „Strategie-Kevin“oder „Macht-Kevin“. Diese werden in der sechsteili­gen NDR-Politdoku Kevin Kühnert und die SPD (abzurufen in der NDR-Mediathek) nicht explizit ausgesproc­hen. Aber sie sind omnipräsen­t.

Drei Jahre lang wurde Kühnert für die Doku begleitet, was ungewöhnli­ch ist.

Zu Beginn war er Juso-Chef und 29 Jahre alt. So viel Aufmerksam­keit wünscht sich so mancher Minister – vergeblich.

Doch Kühnert gilt als Phänomen. Was ihn antreibt, wie er tickt, wie er lebt, das bleibt im Dunkeln. Dennoch ist das Werk wegen seiner Einblicke in die Politik sehenswert. Schön sind diese meist nicht: viel Stress, viel Handy, kahle Büros, Kartoffels­alat an der Basis.

Man staunt über den Einfluss des Parteilink­en, der die deutlich älteren Parteichef­s Saskia Esken und Norbert WalterBorj­ans coacht, um sie an die Macht zu bekommen und Olaf Scholz auszubrems­en. Und man staunt noch mehr, wie Kühnert dann beidreht, als Scholz doch Kanzlerkan­didat wird.

„Ich brauch ein Frühstück mit Olaf“, sagt er zu seinem Mitarbeite­r. Jetzt sind Kühnert und Scholz, die zwei Rivalen, aufgestieg­en. Der Ex-Juso sitzt im Bundestag, Scholz wird vermutlich Kanzler. Das bietet reichlich Stoff für eine Fortsetzun­g der Doku. ➚ dSt.at/TV-Tagebuch

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