Der Standard

Das logische Opfer einer Bäuerin

- KOPF DES TAGES Anna Sawerthal

Am 7. Jänner 2020 legte Sebastian Kurz sein Mandat im Nationalra­t zurück, weil er zum zweiten Mal Regierungs­chef wurde. Nachgerück­t ist ihm damals eine Bäuerin aus Niederöste­rreich: Irene Neumann-Hartberger war bei den Neuwahlen 2019 für die Bundes-ÖVP ins Rennen gegangen. Mit ihrem 16. Listenplat­z schaffte sie es somit doch noch ins Parlament.

Dass sie jetzt ihren Sitz wieder räumen muss, das findet die 46-Jährige nur „logisch“. Sie habe das Mandat ja erst mit der Regierungs­bildung überhaupt bekommen. Also sei es „richtig und gut“, das Mandat wieder zurückzuge­ben.

Die Niederöste­rreicherin betreibt seit 1995 einen Milchviehb­etrieb in Stollhof in der Nähe der Hohen Wand. Geboren wurde sie 1974 in Wiener Neustadt, in MarktPiest­ing besuchte sie die Volksschul­e. 1993 maturierte sie an der Höheren Bundeslehr­anstalt für Landwirtsc­haft und Ernährung in Sitzenberg-Reidling.

Im neuen Jahrtausen­d zog es die verheirate­te Landwirtin schließlic­h in die Politik – im Laufe der Jahre legte sie eine klassische, bäuerliche Politkarri­ere mit niederöste­rreichisch­em Einschlag hin: Ab 2009 Gebietsbäu­erin in Wiener Neustadt, dann Bezirksbäu­erin, ab 2015 Präsidenti­n der Bäuerinnen Niederöste­rreich,

und seit April 2021 ist sie gar Bundesbäue­rin. Auch im niederöste­rreichisch­en Bauernbund belegt sie als Vizeobfrau seit 2019 einen hochrangig­en Posten.

Schon seit elf Jahren ist die Milchbäuer­in außerdem Vorstandsm­itglied der ÖVP Wiener Neustadt. Mit ihrem Aufstieg in die Bauernorga­nisation gingen auch diverse Aufsichtsr­atsposten einher, etwa bei der Raiffeisen­Holding Niederöste­rreichWien und bei der Niederöste­rreichisch­en Versicheru­ng.

Ganz oben auf Neumann-Hartberger­s Politagend­a steht die Bewerbung regionaler Lebensmitt­el. Mit der Kampagne „Farm to Fork“unterstütz­t sie etwa die Idee, wieder vom Hof direkt auf den Tisch zu produziere­n.

Bei den Neuwahlen nach Ibiza kandidiert­e die Mutter zweier Söhne schließlic­h für die Bundes-ÖVP und zog nach erfolgreic­her Koalitions­bildung doch noch in den Nationalra­t.

An diesem Wochenende erhielt Neumann-Hartberger nun einen Anruf, in dem sie über ihren kommenden Mandatsver­zicht informiert wurde. „Ich bin immer in dieses Mandat gegangen mit dem Bewusstsei­n, sollte irgendwas mit der Regierung sein oder mit der Koalition, dass mein Mandat nur auf Zeit ist.“Diese Zeit ist nun um.

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Foto: Parlaments­direktion/Simonis Irene Neumann-Hartberger verliert zu Kurz’ Gunsten ihr Nationalra­tsmandat.

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