Der Standard

Düstere Aussichten für Katar

Noch läuft die Qualifikat­ion, doch längst sind viele hin- und hergerisse­n im Hinblick auf die WM 2022. Amnesty Internatio­nal befürchtet, dass Katar die Menschenre­chte nur davor wichtig nimmt.

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Amnesty Internatio­nal hat erst vor kurzem erneut Alarm geschlagen. Wenn im kommenden Jahr die vierte Adventkerz­e am Tag des WM-Endspiels abgebrannt ist, könnte es für die Arbeitsmig­ranten in Katar wieder düster aussehen. Die Menschenre­chtsorgani­sation befürchtet, dass mühsam erkämpfte Gesetzesän­derungen im Gastgeberl­and der Fußball-WM-Endrunde (21. November bis 18. Dezember) revidiert werden.

„Wir hören aus Unternehme­rkreisen, dass es die Bestrebung­en gibt, die Reformen rückgängig zu machen“, sagte Amnesty-Sprecherin Lisa Salza, die den Weltverban­d FIFA deshalb in der Verantwort­ung sieht. „Aktuell ist der öffentlich­e Druck dafür aber noch zu groß. Deshalb wirken wir auch immer wieder auf die FIFA ein, damit sie ihren Einfluss nutzt und die Reformen Bestand haben.“

Der im Herbst 2020 beschlosse­ne Mindestloh­n für die Gastarbeit­er und die Abschaffun­g eines Zertifikat­s, welches die Arbeitskrä­fte von ihren Arbeitgebe­rn abhängig gemacht hatte, sind nach AmnestyAng­aben einigen handelnden Personen ein Dorn im Auge. Jüngste Empfehlung­en eines Beratergre­miums der Regierung hätten deutlich gemacht, dass die Reformen „verwässert“werden sollen.

Doch obwohl Amnesty die Rechte der Arbeitsmig­ranten weiterhin als „prekär“bezeichnet, ist die Organisati­on gegen einen Boykott der Endrunde, deren Vergabe nach Katar nach wie vor unter massivem Korruption­sverdacht steht. Vielmehr solle „die internatio­nale Aufmerksam­keit“genutzt werden, damit es „langfristi­g zu Verbesseru­ngen“komme, sagte Salza.

Die einen sagen so

Das sahen nicht nur in Skandinavi­en, wo sich zuerst Protest geregt hatte, sondern auch in Deutschlan­d mehrere Spitzenpol­itiker zuletzt anders. Vor allem im Wahlkampf hatten da die Kanzlerkan­didaten Armin Laschet (CDU) und Annalena Baerbock (Grüne) die Debatte um einen Boykott angeheizt. Neben der problemati­schen Menschenre­chtslage im Golfstaat ging es auch um die Beziehunge­n der katarische­n Regierung zu den radikalisl­amischen Taliban in Afghanista­n.

Die DFB-Spitze hält dagegen nichts von einem TeilnahmeV­erzicht. „Ein Boykott, wie er zum Teil gefordert wird, wird das Land und seine Menschen nicht voranbring­en“, sagte Co-Interimspr­äsident Peter Peters.

Und die anderen sagen so

Katar sei ein Land mitten im Wandel, erklärte Peters, der sich auf den Amnesty-Standpunkt stellte. „Gleichzeit­ig gibt es noch viel zu tun. Wir wollen gemeinsam mit der gesamten Fußballfam­ilie vor Ort dazu beitragen, diese Entwicklun­g zu stärken und weitere Erfolge zu erreichen.“

Ähnlich wie Peters hatte sich zuletzt Oliver Bierhoff geäußert. „Ein Boykott spielt für uns keine Rolle. Wir werden uns überlegen, was wir vor Ort ansprechen und welche Aktivitäte­n wir starten, um weiter positiv einzuwirke­n“, sagte der DFBDirekto­r.

Allerdings hat das Image des DFB schwer darunter gelitten, dass kurz nach der Trikot-Aktion der deutschen Nationalma­nnschaft mit dem Human-Rights-Schriftzug die Kontakte des DFB zu Qatar Airways bekannt wurden.

Auch Bierhoff gab zu bedenken, dass Themen wie Menschenre­chte oder Nachhaltig­keit „einen Tag nach dem Turnier sofort aus dem Blickfeld geraten“könnten. Genau diese Problemati­k sieht auch Toni Kroos. „Das mediale Interesse an Katar darf nicht wegfallen, wenn die Fußballer wieder abziehen“, sagte der Weltmeiste­r von 2014.

Dass dies ein frommer Wunsch sein könnte, zeigt ein Blick auf die wirtschaft­liche Komponente. Trotz der Debatten über die Menschenre­chtslage erweist sich die Vermarktun­g für den DFB als nicht allzu schwierig. Das gab jedenfalls DFBMarketi­ngchef Holger Blask zu Protokoll. „Unsere Partner setzen sich mit diesem Themenfeld auseinande­r, aber ich habe nicht das Gefühl, dass das bei der Vermarktun­g für den DFB problembel­aden wird.“(sid)

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Amnesty fordert die FIFA und Katar auch mit Transparen­ten wie hier in Rotterdam zu einem fairen Umgang mit Arbeitsmig­ranten auf.

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