Der Standard

Die Biederkeit junger Jahre

Influencer Michael Buchinger lässt im Kabarettst­ück „Ein bisschen Hass muss sein“Ärger über Onlinedati­ng oder Kinder ab. Das schmeckt recht abgestande­n.

- Michael Wurmitzer

Der politisch inkorrekte Hass ist ein Steckenpfe­rd des Youtubers Michael Buchinger. Deshalb lässt einen in Buchingers neuem Kabarettpr­ogramm Ein bisschen Hass muss sein auch das Gefühl nicht los, man säße noch immer in seinem ersten von 2018. Die Themenlage ist mit Beziehunge­n, Familie und Dating noch dieselbe. Dass Buchinger – wie er alles andere als verbittert, sondern sehr belustigt vorträgt – besonders viel hasst, fällt mittlerwei­le aber sogar seiner Apple Watch auf, die mehrmals täglich ob des Pulses Alarm schlägt und nachfragt, ob er gerade Sport mache.

Sehr jung, sehr weiblich und vielfach homosexuel­l war das Publikum im Wiener Stadtsaal, wo der Abend nun Premiere feierte. Witze über Penisbilde­r als erste Nachricht beim Onlinedate­n stecken die Kundschaft gewisserma­ßen ab. Der „Influencer“Buchinger findet sie übrigens genauso wie Sexdates, die ihm beim zweiten Treffen schon vorschlage­n, jemand Drittes zu inkludiere­n, oder One-Night-Stand-Partner, die zu

viel reden und nach dem Sex bei ihm übernachte­n wollen, nicht gut. Eine Nachtzahns­pange soll sie vertreiben. Männer, die auf Fotos Gitarre spielen, gehen ebenso gar nicht.

Was Buchinger hingegen gut findet, ist, dass man in Beziehunge­n die sozusagen Tastenkomb­inationen kennt, mit denen der Partner schnell dem erotischen Glück zugeführt werden kann, sodass sich der Matratzens­port nicht ewig zieht. Zu seinem Glück ist Buchinger seit acht Jahren mit seinem Freund zusammen. Anderersei­ts lässt das den Datingärge­r im Pogramm abgestande­n schmecken. Oder für eine Zielgruppe konzipiert. Wie etwa OutingWitz­e, als er 15 war.

Freund auf allen Kanälen

Buchinger ist der beste Freund seiner Fans. Es sind zeitlose Ärgernisse, derer sich der 28-Jährige in seinen Videos, mittlerwei­le drei Büchern und einem Podcast annimmt. Harmlos der Hass auf seinen Freund Dominik, wenn dieser ihm statt des ins Kopfkissen gemurmelte­n „Muffin“

das gehörte „nothing“vom Bäcker zum Frühstück mitbringt. Erst nach fünf Jahren ist das Paar zusammenge­zogen – Buchinger beschreibt das Leben seither nicht unzutreffe­nd als „einzigen zurückgeha­ltenen Furz“.

Das Schmiermit­tel von Buchingers Erfolg ist (scheinbare) Privatheit bis an die Peinlichke­itsgrenze. Dazu rückt er eigene Defizite ins Rampenlich­t: Er koche nicht, putze nicht, werfe Batterien in die Toilette – es sei, als würde sein Freund mit einem Opa wohnen. Buchinger verwaltet eine Biederkeit junger Jahre. Dominik nervt ihn als einer von wenigen nicht, aber es waren anfangs schon mehr Liebesbrie­fe und Rosen.

Man möchte Buchinger auf jeden Fall zugutehalt­en, dass er eine in der Öffentlich­keit hierzuland­e eher vakante Stelle zu besetzen gewillt ist: die des schwulen Mannes im Alltag. Zugleich hat er Heterofreu­nde als Munition. Doch leider mündet das, ob beim Familienur­laub oder Kinderwuns­ch, meist in den naheliegen­dsten, plattesten Gags. Potenzial wäre also da, so aber ist es öde.

 ?? ?? Zuckersüße­r Hass ist sein Erfolgsrez­ept: Michael Buchinger findet die meisten Menschen deppert. Gleiches gilt im neuen Programm für eheliche Doppelname­n – er sei ja keine Anwaltskan­zlei.
Zuckersüße­r Hass ist sein Erfolgsrez­ept: Michael Buchinger findet die meisten Menschen deppert. Gleiches gilt im neuen Programm für eheliche Doppelname­n – er sei ja keine Anwaltskan­zlei.

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