Der Standard

Der Maschinist bleibt im Kanzleramt

- DES TAGES Jan Michael Marchart

Als der Neokanzler Alexander Schallenbe­rg am Montag in der Hofburg angelobt wurde, stand ein Mann in der Ecke, beobachtet­e die Szenerie – und wirkte dabei ein bisschen unscheinba­r. Ganz so, wie es sich für jemanden gehört, der noch bis vor kurzem für Sebastian Kurz im Hintergrun­d die Fäden zog.

Der 38-jährige Bernhard Bonelli ist zwar kein Beschuldig­ter in der Inseratena­ffäre um Kurz und gegen Teile dessen Umfelds. Dass der Kabinettsc­hef des Altkanzler­s von Schallenbe­rg aber einfach übernommen wurde, verleiht dem Verdacht, Kurz würde als ÖVP-Obmann und neuer Klubchef von außen einfach weiterregi­eren, zusätzlich­en Auftrieb.

Gänzlich aus der Luft gegriffen erscheint diese Theorie auch nicht. Schon als die türkis-blaue Regierung 2019 durch die Ibiza-Affäre implodiert­e, verweilte Bonelli für die Zeit der Übergangsr­egierung als Kabinettsc­hef bei Schallenbe­rg, damals noch Außenminis­ter. „Nicht wenige sahen ihn in dieser Zeit auch als eine Art türkisen Wächter über die Vorgänge in der unpolitisc­hen Übergangsr­egierung“, resümierte Krone-Journalist Klaus Knittelfel­der in seinem Buch Inside Türkis – Die neuen Netzwerke der Macht.

Bonelli, gegen den wegen falscher Aussage im Ibiza-U-Ausschuss ermittelt wird, ist eine der zentralen Figuren im türkisen Maschinenr­aum. Kurz kennt er seit einer Ewigkeit. Gemeinsam mit Stefan Steiner, einem Beschuldig­ten in der Inseratenc­ausa, bildete Bonelli in den vergangene­n Jahren das ideologisc­he und strategisc­he Hirn des geschieden­en Kanzlers.

Für die Türkisen ist Bonelli nicht nur ein Mitarchite­kt der aktuellen Koalition, sondern blieb Chefverhan­dler mit den Grünen in besonders heiklen Projekten – wie auch schon in der Koalition mit der FPÖ, schreibt Knittelfel­der. Bonelli sei meist auch die erste Person des Tages, mit der sich Kurz austauscht. In Kurz’ Welt hat das Wort des strengen Katholiken Gewicht.

Aber anders als oft behauptet ist Bonelli nicht der letzte verblieben­e Kurz-Intimus im Kanzleramt. An seiner Seite weiß er Markus Gstöttner (35), der VizeKabine­ttschef bleibt. Die Vita der beiden vereint, dass sie für weltweit operierend­e Beratungsf­irmen tätig waren: Bonelli für die Boston Consulting Group, Gstöttner für McKinsey. Schon 2013 stießen die beiden im Kurz-Umfeld aufeinande­r. Erst 2017 trat Gstöttner im Wahlkampf als vorerst Letzter in den inneren Zirkel um Kurz ein. Dass das gelungen ist, lag nicht zuletzt auch an einem gewissen Bernhard Bonelli.

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Foto: Robert Newald Kurz-Intimus Bernhard Bonelli arbeitet nun für Alexander Schallenbe­rg.

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