Fataler Pistolenschuss beim Westerndreh
Alec Baldwin feuerte auf einem Filmset in New Mexico eine Requisitenwaffe ab. Dabei kam die Kamerafrau Halyna Hutchins zu Tode, der Regisseur wurde verletzt. Die Polizei geht von einem tragischen Unfall aus.
Am Donnerstagnachmittag ereignete sich beim Dreh für einen Western namens Rust südlich von Santa Fe im US-Bundesstaat New Mexiko ein tragischer Unfall. Der Hauptdarsteller und CoProduzent des Films, Alec Baldwin, feuerte bei den Dreharbeiten eine Requisitenwaffe ab – mit fatalen Folgen. Die 42-jährige Kamerafrau Halyna Hutchins wurde dabei von einem Geschoß getroffen und mit einem Hubschrauber in die Universitätsklinik von New Mexico in Albuquerque geflogen, wo ihr Tod festgestellt wurde, der 48-jährige Regisseur Joel Souza wurde verletzt.
Kurz zuvor hatte Baldwin auf Instagram ein Foto von sich veröffentlicht, das ihn im Cowboykostüm mit Filmblut auf dem Hemd zeigt. Es wurde in der Nacht gelöscht.
Wie die Lokalzeitung The Santa Fe New Mexican berichtete, machte Baldwin in einer Polizeistation freiwillig eine Aussage. Ein Fotograf der Zeitung fotografierte den weinenden Schauspieler vor dem Büro des Sheriffs. Daneben seien weitere Zeugen am Drehort vernommen worden. Aktuell geht das SheriffDepartment von einem Unfall aus, es wurde keine strafrechtliche Untersuchung angeordnet, auch wurde niemand verhaftet.
Die Los Angeles Times beleuchtete in einem Artikel, wie bei Drehs mit Waffen umgegangen wird: Üblicherweise sei ein Requisiteur oder ein lizenzierter Waffenmeister für die am Set benutzten Waffen zuständig. Zu dessen Aufgabe gehöre es auch, die Waffen mit Platzpatronen zu laden und den Schauspielern und Regieassistenten den Umgang damit zu erklären. Scharfe Munition sei auf dem Set verboten.
Fehler beim Umbau?
Wie konnte es also zu dem Unfall kommen? Auf Twitter stellt Lars Winkelsdorf, ein deutscher Fachdozent für Waffensachkunde, einige Vermutungen zum Unfall an. Auch er hält es für unwahrscheinlich, dass scharfe Munition verwendet wurde. Allerdings würden für Dreharbeiten echte Waffen so umgebaut, dass sie Platzpatronen verschießen können. Bei diesen Umbauten werden Gewinde in die Läufe geschnitten, in die dann eine Art Düse oder Ventil geschraubt wird, so der Experte. „Es spricht also viel dafür, dass sich durch Fehler beim Umbau der Filmwaffe hier bei diesem Fall die Gasdüse selbst löste und so zum Geschoß wurde.“
Der Unfall in Santa Fe erinnert an den Tod Brendon Lees, des Sohnes von Bruce Lee, der 1993 beim Dreh zu The Crow durch einen Bauchschuss starb. Die Autopsie ergab, dass Lee von einem Fragment scharfer Munition getroffen worden war, das im Lauf der Waffe steckte und sich durch die Detonation einer Platzpatrone gelöst hatte. Damals entschied ein Staatsanwalt auf Fahrlässigkeit.
Warum in Santa Fe gerade die Kamerafrau getroffen wurde, erklärt sich der österreichische Regieassistent Georg Mayrhofer, der bei Produktionen wie Soko Donau oder Kommissar Rex auch mit Waffen zu tun hatte, damit, dass „bei Szenen mit Schusswaffen gerne knapp an der Bildachse – das ist die gedachte Linie zwischen aufzunehmendem Objekt und Kamera – vorbeigeschossen wird. Dadurch wirken die Schüsse erschreckender.“
Die größten Gefahren seien bei der Arbeit mit Platzpatronen normalerweise Verbrennungen durch erhitzte Patronenhülsen, Verbrennungen durch den Ausstoß aus dem Lauf und bewegliche Teile, die beim Abschuss in Bewegung geraten.
Der Tod von Halyna Hutchins löste in Hollywood Bestürzung aus. In einem Statement schrieb die International Cinematographers Guild: „Wir haben heute Abend die schreckliche Nachricht erhalten, dass eines unserer Mitglieder bei einer Produktion in New Mexico am Set verletzt und gestorben ist. (…) Dies ist ein trauriger Verlust, und wir trauern um ein Mitglied unserer Gildenfamilie.“
Hutchins stammte aus der Ukraine und wuchs auf einer sowjetischen Militärbasis auf. Später studierte sie Filmtechnik am American Film Institute in Los Angeles. Nach ihrem Abschluss im Jahr 2015 sorgte sie mit mehreren Kurzfilmen für Aufsehen. 2020 folgte ihr erster Spielfilm Archenemy. Das Branchenmagazin American Cinematographer bezeichnete sie 2019 als einen „aufsteigenden Stern“.
Dreharbeiten unterbrochen
Der 63-jährige Baldwin übernahm in seiner langen Karriere zahlreiche Actionrollen in Filmen wie Jagd auf Roter Oktober oder Mission: Impossible – Rogue Nation, er war aber auch in Dramen wie Blue Jasmine, Still Alice – Mein Leben ohne Gestern oder 2019 in dem Kriminalfilm Motherless Brooklyn zu sehen. Ab 2016 schloss Baldwin an seine Erfolge im Comedy-Fach (30 Rock) an, indem er in der amerikanischen CoShow Saturday Night Live die Rolle des Donald Trump übernahm und zum Publikumsliebling avancierte.
Mit Trump verbindet Baldwin, glaubt man Medienberichten, eine gewisse Hitzköpfigkeit, die ihn bereits des Öfteren mit dem Gesetz in Konflikt brachte. Zuletzt wurde er 2018 nach einem handfesten Streit um einen New Yorker Parkplatz angeklagt. Vor Gericht bekannte sich Baldwin teilschuldig, er musste ein Aggressionsbewältigungsprogramm absolvieren. Seit 2012 ist der Schauspieler mit Hilaria Baldwin verheiratet, sie haben sechs Kinder. Aus seiner Ehe mit der Schauspielerin Kim Basinger hat Baldwin eine Tochter.
Der Western Rust handelt von einem Gesetzlosen, dessen 13-jähriger Sohn für einen versehentlichen Totschlag wegen Mordes verurteilt wird. Die Dreharbeiten wurden nach dem tödlichen Unfall auf unbestimmte Zeit unterbrochen, die polizeilichen Untersuchungen dauern an.